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Lesung und Workshop mit Peter Waterhouse

Plakat: Lesung und Workshop mit Peter Waterhouse

Plakat: Lesung und Workshop mit Peter Waterhouse

Bildquelle: FSGS

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Bildquelle: FSGS

Datum: 28.29.06.2018
Ort: Haus für Poesie und FU, JK 33/121 (FSGS Seminarraum)
Planung und Organisation: Felix Reinstadler, Andreas Rizzi, Milena Rolka
Anmeldung: bis 17.06.2018 an felix.reinstadler@fu-berlin.de

Anlässlich der Buchpremiere „EQUUS. Wie Kleist nicht heißt“ von Peter Waterhouse (Juni 2018 bei Matthes&Seitz) veranstaltet die FSGS neben der Lesung am 28. Juni einen Workshop am 29. Juni (10:00-16:00) mit dem Autor im Seminarraum der FSGS (JK 33/121). Als Textgrundlage dient das Buch „EQUUS“ sowie Kleists „Die Hermannsschlacht“ und ausgewählte „Unwahrscheinliche Wahrhaftigkeiten“. An Lesung und Workshop werden auch die Schauspielerin Barbara Nüsse (Thalia Theater Hamburg) und Prof. Dr. Daniel Müller Nielaba (Universität Zürich) mitwirken.

Konferenzbericht

Heinrich von Kleists Drama Die Herrmannsschlacht erzählt nicht die Hermannsschlacht, es handelt nicht von ihr. Es ist die Hermannsschlacht. Die Herrmannsschlacht zeigt, dass es die Hermannsschlacht nicht gibt, dass es sie nicht gegeben hat. Sie erzählt keinen Mythos, sie entlarvt ihn. Schon das Motto zeigt es an: „Wehe, mein Vaterland, Dir! Die Leier, zum Ruhm Dir, zu schlagen, / Ist, getreu Dir im Schooß, mir, Deinem Dichter, verwehrt.“ Hier wird nichts besungen und verherrlicht, diese Zeilen singen nicht, das Vaterland zu besingen ist dem Dichter verwehrt: Das Wort fällt sich ins Wort. Etwas anderes als der Sänger, zeigt der Dichter – er stellt Wörter gegeneinander, er stellt die Manipulation und die Gewalt der Sprache aus. Die Sprache spricht es aus; so in der ersten Zeile, die ersten Worte, die in der Herrmannsschlacht gesprochen werden: „Es ist umsonst […]“. Und dargestellt wird in der Folge ein Pyrrhussieg, in dem nicht die Germanen die Römer besiegen, sondern die Germanen sich selbst. Die Waffe Herrmanns ist das Gerücht. Er platziert an den ‚richtigen‘ Stellen Informationen (oft falsche): „Die Luft, Du weißt, hat Ohren!“ Und das macht er sich zu Nutze, die Gewalt zu entfesseln. Herrmann manipuliert, von lat. manus plere = füllen, etwas in der Hand haben. Was Herrmann in der Hand hat, ist die Waffe, ist das Wort. Gezielt und zugleich verdeckt nimmt er Einfluss, er steuert, wie bestimmte Vorkommnisse wahrgenommen werden und steuert damit das Verhalten seiner Verbündeten und Gegner. Das macht Die Herrmannsschlacht sichtbar. Sie tut es nicht selbst, sie manipuliert nicht – sondern zeigt, wie manipuliert wird. Sie entdeckt die unredliche Tat Herrmanns, sie zeigt auf den Täter. Sie bringt die Gewalt zur Sprache und zur Darstellung – ist nicht selbst gewalttätige Sprache. „Feuer“, „Raub“, „Gewalt“ und „Mord“ schürt Herrmann. Hally, deren Körper zerteilt und in die „funfzehn“ Richtungen Germanias verteilt wird: In ihrem Namen steckt der Hall, das Echo. Sie wird - auch das ein gewalttätiger Akt - zum Gerücht. Ihr Körper wird, metonymisch, zerteilt und es verteilt sich die Gewalt, unsichtbar und umso wirkmächtiger breitet sie sich wie ein Lauffeuer unter den Stämmen der Germanen aus, bis es „lodert“, bis das ganze Land lodert. Herrmann hat es in Brand gesteckt, er ist der Brandstifter. Es ist aber ein Feuer, das kein Licht spendet. Die Herrmannsschlacht ist ein finsteres Stück, es gibt keinen Lichtblick. „Es ist umsonst“, sind die ersten Worte, die von der Figur „Wolf“ gesprochen werden. „Und nichts,“ so die letzten Zeilen, „als eine schwarze Fahne, / Von seinem öden Trümmerhaufen weht!“ Es sind die letzten Worte Herrmanns.

Ziel der Veranstaltung war es, drei Perspektiven auf das Werk von Kleist miteinander in Dialog zu bringen: eine poetische mit dem Autor Peter Waterhouse, eine wissenschaftliche mit Prof. Dr. Daniel Müller Nielaba und eine performative mit der Schauspielerin Barbara Nüsse. Peter Waterhouse tritt als Autor mit dem Buch „Equus – Wie Kleist nicht heißt“ schreibend in einen Dialog mit Kleists Poetik. Seine Prosa zeichnet sich dadurch aus, dass sie literarische Werke liest, zitiert und bespricht, mit ihnen in einen Dialog tritt. Seine Kunst zu Lesen stellt einen neuen künstlerischen Zugang zu Literaturbetrachtung und Literaturkritik dar, der den rein wissenschaftlichen Diskurs überschreitet und uns eine neue Annäherung auch an klassische Werke ermöglicht. Mit der Schauspielerin und Hörspielsprecherin Barbara Nüsse war eine Stimme vertreten, durch die Fragen nach den Möglichkeiten und Grenzen der Übersetzung eines dramatischen Werkes auf die Bühne, relevant wurden. Prof. Dr. Daniel Müller Nielaba von der Universität Zürich stand für eine literaturwissenschaftliche Perspektive auf Kleists Werk ein, die es durch eine luzide Arbeit am Text vermochte, dessen sprachliche und poetische Wirkungsweisen offenzulegen. Wir möchten uns sehr herzlich bedanken bei unseren Gästen Barbara Nüsse, Prof. Daniel Müller Nielaba und Peter Waterhouse, beim Haus für Poesie für die Mitgestaltung der öffentlichen Buchpräsentation und bei allen Teilnehmer_innen unseres Workshops für das produktive Gespräch! Felix Reinstadler, Andreas Rizzi, Milena Rolka

Kurzbiographien

Peter Waterhouse, geb. 1956 in Berlin, lebt in Wien. Schriftsteller und Übersetzer, Mitbegründer der Übersetzungs- und Forschungsplattform „Versatorium“. Veröffentlichungen u.a.: Im Genesis-Gelände (1998); Krieg und Welt (2006); Der Fink – Einführung in das Federlesen (2016); Die Auswandernden (2016).

Barbara Nüsse, geb. 1943 in Essen, lebt in Hamburg. Schauspielerin, Hörspiel- und Hörbuchsprecherin. Seit 1967 arbeitete sie u.a. an Bühnen in Bern, Hamburg, Basel, Düsseldorf, Köln, Zürich, München, Stuttgart, Berlin und Wien. Seit 2010 ist Barbara Nüsse Ensemblemitglied des Thalia Theaters Hamburg.

Daniel Müller Nielaba, geb. 1961, lebt in Zürich; seit 2003 Professor an der Universität Zürich. Publikationen u.a.: Wider die „Vernunft in der Sprache“. Zum Verhältnis von Sprachkritik und Sprachpraxis im Schreiben Nietzsches (1994); Die Wendung zum Bessern. Zur Aufklärung der Toleranz in Lessings Nathan der Weise (2000); Die Nerven lesen. Zur Leit-Funktion von Georg Büchners Schreiben (2001).

Programm

Donnerstag, 28. Juni 2018

Ort: Haus für Poesie

19:00 Uhr PETER WATERHOUSE und BARBARA NÜSSE: Lesung


Freitag, 29. Juni 2018

Ort: JK 33/121 (Seminarraum der FSGS)

10:00 Uhr KLEIST: Die Hermannschlacht

13:30 Uhr KLEIST: Unwahrscheinliche Wahrhaftigkeiten

16:00 Uhr Abschließende Diskussion

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