Körper. Gedächtnis. Literatur in (post-)totalitären Kulturen
Tagung des Zentrums für Literatur- und Kulturforschung Berlin, der Friedrich Schlegel Graduiertenschule und des Instituts für Slawistik der Humboldt Universität zu Berlin
Datum: 6 –7.10.2016Ort: Zentrum für Literatur- und Kulturforschung Berlin
Kontakt: Prof. Dr. Susanne Frank
Durch die jüngsten politischen Entwicklungen im postsowjetischen Raum haben gedächtnistheoretische Fragen neue Brisanz und Aktualität gewonnen. Auf den „Trümmern des Sozialismus" (Svetlana Aleksievič) stehen Diagnosen der Traumatisierung und nostalgisch affektive Bindungen an die verlorene Ordnung einander schroff gegenüber und konkurrieren doch gleichermaßen mit den vielfach von staatlicher Seite installierten einheitlichen Geschichtsnarrativen. usgehend von dieser Beobachtung bietet die Tagung den Rahmen, sich den konzeptionellen Herausforderungen der Gedächtnisdebatte in den ost-‐ wie westeuropäischen Literatur-‐ und Kulturwissenschaften zu stellen. Ein wesentlicher Faktor ist dabei der sich vollziehende Generationenwechsel. Das Verstummen der Generation der Überlebenden (der Zeugen) und das Auftreten postmemorialer Schreibweisen erlauben einen neuen Blick, auch auf scheinbar abgearbeitete Problemfelder, wie etwa: das Verhältnis von Dokument und Fiktion in der Literatur (im Anschluss an oder in Abgrenzung von Poetiken der künstlerischen Avantgarden); das in Bezug auf den Film von A. Landsberg aufgebrachte Konzept der prosthetic memory; die Frage nach der transgenerationellen Wirksamkeit von Traumatisierung und dem Mechanismus des transgenerationellen Gedächtnisses; sowie die Frage nach dem Körper als einem Ort der Einschreibung des Gedächtnisses.
Vollständiges Exposé als PDF.
Ankündigung durch das ZfL.
Programm
Mittwoch, 05.10.2016
19.00 Uhr Festvortrag zu Ehren von Renate Lachmann und zugleich Eröffnungsvortrag
Sylvia Sasse (Zürich): Das falsche Gedächtnis. Über den künstlerischen
Umgang mit Geheimdienstakten
Donnerstag, 06.10.2016
09.30 Uhr Begrüßung/Eröffnung
10.00 Uhr Aage Hansen-Löve: Leib-Körper-Fleisch zwischen Kultur 1 und 2
Igor Smirnov: Gedächtnis und Zukunftslosigkeit: Zur Avantgarde
der 1940er-1950er Jahre
12.00 Uhr Franziska Thun-Hohenstein: Šalamov
Davor Beganovic: Gemarterte Körper als Gedächtnisorte: Danilo Kis‘,
Ein Grabmahl für Boris Dawidowitsch
15.00 Uhr Rainer Grübel: Körper-Gedächtnis in literarischen Gattungen der Gegenwart
Susi K. Frank: Körpergedächtnis und Literatur in den osteuropäischen Literaturen
des 20. und frühen 21. Jahrhunderts
17.00 Uhr Philipp Kohl: Konzeptualismus: Prigov, Sorokin
Samstag, 07.10.2016
10.00 Uhr Tatjana Petzer: Verkörpertes Gedächtnis. Erinnerungsformen nach dem
corporal turn
Nadežda Grigoreva: Katharsis ohne Trauma in der sowjetischen Kultur
der 1920er-1940er Jahre
12.00 Uhr Schamma Schahadat: Körper-Wunden-Schrift: Gender-Gedächtnis
in der polnischen Literatur und Kunst
Iulia Dondorici: Literarische Erinnerung an die Politik staatlicher Kontrolle über
den weiblichen Körper im Rumänien der 1970er-1980er Jahre
15.00 Uhr Tomáš Glanc: Kybernetisches Gedächtnis des Zukunftskörpers. Lev Nussberg,
Kollektiv Dviženie und die sowjetische Performance-Kunst
Sabine Hänsgen: Mediales Gedächtnis der totalitären Epoche
im postsowjetischen Film
17.00 Uhr Riccardo Nicolosi: Postsowjetische Arbeit am Gedächtnis der Leningrader
Blockade
Thomas Grob:Vortragstitel wird nachgereicht
Finissage
Moderation: Ulla Haselstein, Verena Lobsien, Matthias Schwartz, Sylvia Sasse, Zaal Andronikashvili