Picturing the Revelation: Dreams, Prophecy and Imagination in Medieval Traditions
Ein Workshop des SFB 980 „Episteme in Bewegung“, konzipiert und organisiert von den Teilprojekten B03 "Imaginatio. Imaginatives Sehen und Wissen – Theorien mentaler Bildlichkeit in Philosophie und Theologie des Mittelalters" und A05 "Von Logos zu Kalām: Figurationen von Sprachwissen in der vorderorientalischen Spätantike"
Die Frage nach dem Status von Offenbarungserfahrungen und ihrer Deutung und Darstellbarkeit spielt in Heiligen Texten eine zentrale Rolle. Doch wie lässt sich Gottes Offenbarwerden als Quelle divinen Wissens, als Ausdruck einer prophetischen Weisung oder etwa eines inneren Gewahrwerdens göttlicher Selbstmitteilung überhaupt fassen und vor allem bewahrheiten? Hier werden prophetische Visionen, Träume oder mentale Zustände einer blitzartigen Gotteserfahrung relevant, wie wir sie etwa aus der hebräischen Bibel/Tanach, aus der christlichen Bibel oder dem Koran kennen. Doch lässt sich ein von Gott gewirktes Offenbarungsgeschehen, das über alle begriffliche Faßbarkeit oder Beschreibbarkeit hinausgeht, überhaupt mitteilen? Welche Rolle spielen hierbei inneres ‚Sehen‘, ‚Hören‘ bzw. Weisen einer übersinnlichen ‚Erfahrung‘? Wie verhalten sich hierbei Passivität/Rezeptivität und Aktivität des Empfängers von Offenbarungen? Der Workshop fragt nach Auffassungen von Offenbarung in unterschiedlichen Kulturen, fragt nach Begründungen eines spezifischen Wahrheitsgeschehens wie den Medien, in denen Gotteserfahrung in vermittelter Form ‚zur Sprache‘ kommt. Offenbarung ist vielfach konnotiert mit einer Gleichzeitigkeit von Enthüllung und Geheimnis, Verbergen und Zeigen im Rätsel wie mit der Prophetie als Vermittlung des Zukünftigen, das sich in Visionen, Traumbildern oder Zeichen, d.h. in indirekten Medien artikuliert, die ‚übersetzt‘ und ‚interpretiert‘ werden müssen. Dabei gilt einerseits, dass der unaussprechliche Gott oder seine Selbstmitteilung außerhalb jeder empirischen Begreifbarkeit oder Darstellbarkeit (Bilderverbot) liegen. Aber trotz dieser Unbegreiflichkeit des göttlichen Offenbarungsgeschehens besteht die Herausforderung, Offenbarungen als besondere Weise einer Gotteserfahrung bzw. eines Wahrheitsgeschehens auszuzeichnen: als ein Wissen, das durch Offenbarung verliehen ist und das Geltung beansprucht. Wie setzt sich diese Paradoxie in Texten, literarischen Narrativen, in bildlichen Visionen, in Traumsequenzen oder Vorstellungen eines inneren Hörens um? Wie werden Offenbarungen zur Sprache gebracht oder ins Bild gesetzt? Welche Rolle kommt den Propheten zu? Welches metaphysische, physiologische, medizinische oder anthropologische Wissen um den Charakter von Offenbarung fließt in Diskurse um Offenbarungen ein? In welchen Medien und Materialien wird Offenbarung reflektiert?
Diesen Fragen geht der Workshop im Vergleich von Konzepten aus islamischen, jüdischen wie christlichen Traditionen des Mittelalters und deren Voraussetzungen nach. Er fragt nach Eigendynamiken wie Verflechtungen von Motiven, Wissenkonzepten und der Aushandlung des Status von Offenbarung als spezifischer Weise eines Erkennens. Die Formel ‚Picturing the Revelation‘ ist als Frage danach zu verstehen, welche Darstellungsformen und -medien durch den Anspruch an ein Offenbarwerden provoziert werden und wie sich die theologische Paradoxie einer Darstellung des Nichtdarstellbaren auf theoretische Begründungen wie ästhetische Verfahren auswirkt. Im Fokus stehen Auseinandersetzungen um den Status von Offenbarung als Wissensmodus und Dynamiken eines transkulturellen Wissenstransfers.
Zeit & Ort
07.12.2017 - 08.12.2017
Freie Universität Berlin
Villa des SFB 980
Sitzungsraum (EG)
Schwendenerstraße 8
14195 Berlin
Weitere Informationen
Weitere Informationen auf der Website des SFB