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Matrix der Gefühle. Das Kino, das Melodram und das Theater der Empfindsamkeit

Coverbild

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Hermann Kappelhoff – 2004

Die Tränenseligkeit des Publikums, wie sie sich angesichts eines Films wie TITANIC manifestiert, bildet die Leitfigur dieser kulturgeschichtlichen Untersuchung. Ausgehend vom klassischen Hollywoodmelodrama führt sie auf den Kontinent sentimentaler Unterhaltungskunst. Diese bestimmt, so lautet die These, das Grundmuster unserer Gefühligkeit: von den heilsuchenden Psychologismen über die Fahnder des authentischen Selbst bis hin zu den voyeuristischen Exzessen der Big Brother-Fangemeinden. Doch anders als die gängige Vorstellung versteht Kappelhoff das sentimentale Genießen nicht als Verfall authentischer Gefühlskultur oder als Niederung eines höheren, ästhetischen Empfindens, sondern als Zentrum einer kulturellen Praxis: nämlich der ästhetischen Übungen der Verinnerlichung. Es ist eine »artifizielle Emotionalität«, die in unterschiedlichen Medien und Künsten zur Geltung kommt. Das »Zuschauergefühl« des weinenden Theater-, Opern-, Kino-Publikums bezeichnet die körperliche Realität der bürgerlichen Seele und den materialen Grund unserer Subjektivität. Das echte Gefühl, das authentische Selbstempfinden ist nicht die Täuschung, für die man sie stets gehalten hat, sondern das Eintrittsbillet des sentimentalen Zuschauers; die Illusion, die er aufgeben muß, um in das Spiel des sentimentalen Genießens einzutreten.

Titel
Matrix der Gefühle. Das Kino, das Melodram und das Theater der Empfindsamkeit
Verlag
Vorwerk 8
Ort
Berlin
Schlagwörter
Filmwissenschaft, Kulturwissenschaft, Theaterwissenschaft
Datum
2004
Art
Text