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Forschungskolloquium III: Transformationen der Kritik

Dieses Forschungskolloquium setzt die Diskussion um den Kritikbegriff fort, die das Philologische Laboratorium im Sommersemester 2018 und 2019 begonnen hat. Ging es im ersten Kolloquium um eine an den klassischen Texten orientierte „Genealogie der Kritik“, stand der gegenwärtige „Streit um die Kritik“ – oder genauer: die Debatte um Kritik und Post-Kritik – im Fokus des zweiten Kolloquiums. Hieran anknüpfend widmet sich das dritte Kolloquium nun methodologischen und konzeptuellen „Transformationen der Kritik“, die einen wesentlichen Einfluss auf die aktuelle Theoriebildung in den Literatur- und Kulturwissenschaften haben. Dabei konzentriert sich das Kolloquium auf Ansätze wie die Affekttheorie, den neuen Materialismus, die Akteur-Netzwerk-Theorie, den Ecocriticism, die Digital Humanities und die Ordinary Language Philosophy. Aus diesem theoretischen Spektrum werden wir exemplarische Texte lesen, über ihre philosophischen Prämissen nachdenken und ihre aktuelle Popularität reflektieren. U.a. lassen sich die folgenden Fragen diskutieren: Auf welche Weise beziehen sich die genannten Ansätze auf die Geschichte der Kritik? Gibt es Anknüpfungspunkte zur Tradition des kritischen Denkens seit Kant und Marx oder kommt es zu einem bewussten Bruch mit der kritischen Tradition? Welche neuen Analyseverfahren und theoretischen Praktiken ermöglichen die Ansätze – und zu welchen Formen des Schreibens, Lesens und Denken geben sie Anlass? Welchen geistes- und realgeschichtlichen Kontexten entspringen sie und auf welche Erfahrungen und Problemlagen antworten sie? Und inwiefern betreffen sie unsere eigene kritische und literaturwissenschaftliche Praxis?

Fragen wie diese sollen einerseits anhand von vorher ausgewählten (und über Blackboard zur Verfügung gestellten) Texten erörtert werden; andererseits werden zu einzelnen Sitzungen auch externe Gäste eingeladen, die mit ihrer Expertise zu den jeweiligen theoretischen Ansätzen unser Wissen aus erster Hand bereichern.

Die Sitzungen finden im Zwei-Wochen-Rhythmus jeweils Dienstag von 16-18 Uhr statt. Aufgrund der andauernden Corona-Pandemie werden alle Sitzungen online über Cisco WebEx abgehalten. Der Besuch der ersten beiden Forschungskolloquien des Philologischen Laboratoriums ist keine Voraussetzung für die Teilnahme am diesjährigen Kolloquium. Hinweis: Einige der Sitzungen werden in englischer Sprache abgehalten. Interessierte melden sich bitte unter der Emailadresse jan.lietz@fu-berlin.de für die Teilnahme an der Veranstaltung an.

Programm

20. April 2021: Affekttheorie

Text:

- Massumi, Brian: "The Autonomy of Affect". In: Cultural Critique 31 (1995), S.83-109.

Hintergrundlektüre:

- Leys, Ruth: „The Turn to Affect: A Critique.“ In: Critical Inquiry 37 (Spring 2011), S. 434-472.

04. Mai 2021: New Materialism

Text:

- Bennett, Jane: “The Force of Things: Steps toward an Ecology of Matter.” Political Theory (Vol. 32, No. 3), 2004. 347-372.

Hintergrundlektüre:

- Meillassoux, Quentin: After Finitude: An Essay on the Necessity of Contingency. London: Continuum, 2008. S. 1-27 [Chapter 1: “Ancestrality”].

- Meillassoux, Quentin: “Mallarmés Zahl”. In: Trassierungen: Zur Wegbereitung spekulativen Denkens. Leipzig: Merve 2017, S. 326-355.

- Bennett, Jane: “Whitman’s Sympathies.” Political Research Quarterly 2016, Vol. 69(3). S. 607–620.

18. Mai 2021: Actor-Network Theory (Gast: Rita Felski)

Text:

- Felski, Rita: “Interpreting as Relating.” In: Hooked: Art and Attachment. Chicago/London: University of Chicago Press, 2020, S. 121-163.

Hintergrundlektüre:

- Latour, Bruno: “On the Difficulty of Being an ANT: An Interlude in the Form of a Dialog.” Reassembling the Social: An Introduction to Actor-Network-Theory. Oxford and New York: Oxford UP, 2005, S. 141-156.

01. Juni 2021: Ecocriticism (Gäste: Daniel Falb und Adam Dickinson)

Texte:

- Morton, Timothy: Ecology Without Nature. Rethinking Environmental Aesthetics. Cambridge/London: Harvard UP, 2007, S. 1-28 [(“Introduction: Toward a Theory of Ecological Criticism”].

- Dickinson, Adam: Anatomic. Toronto: Coach House Books, 2018 (Excerpt).

- Falb, Daniel: „Poetik im Anthropozän“. (Überarbeiteter Auszug aus: Anthropozän: Dichtung in der Gegenwartsgeologie. Berlin: Verlagshaus Berlin, 2015.)

- Falb, Daniel: Orchidee und Technofossil. Gedichte. Berlin: kookbooks, 2019 (Auszug).

Hintergrundlektüre: Haraway, Donna: „Anthropocene, Capitalocene, Plantationocene, Chthulucene: Making Kin“. In: Environmental Humanities, Vol. 6, 2015, S. 159-165.

15. Juni 2021: Digital Humanities (Gast: Dennis Mischke)

Text:

- Moretti, Franco: Distant Reading. London & New York: Verso, 2013 (S. 179-210 & 211-240).

Hintergrundlektüre:

- Da, Nan Z.: „The Computational Case Against Computational Literary Studies“. In: Critical Inquiry 45 (Spring 2019).

- „Computational Literary Studies: A Critical Inquiry Online Forum“ (Responses to the text by Nan Z. Da). https://critinq.wordpress.com/2019/03/31/computational-literary-studies-a-critical-inquiry-online-forum/

29. Juni 2021: Ordinary Language Philosophy (Gast: Toril Moi)

Texte:

- Moi, Toril: „A Wittgensteinian Phenomenology of Criticism“. In: Robert Chodat and John Gibson, eds., Wittgenstein & Literary Studies (Cambridge: Cambridge University Press, 2021 (forthcoming).

- Cavell, Stanley: “Aesthetic Problems of Modern Philosophy”. In: Max Black, Ed., Philosophy in America. New York: Cornell UP, 1965, S. 74-97.

Hintergrundlektüre:

- Cavell, Stanley: “The Avoidance of Love: A Reading of King Lear.” In: Must We Mean What We Say? Cambridge: Cambridge UP, 1976, S. 267-353.

- Moi, Toril: Revolution of the Ordinary. Literary Studies after Wittgenstein, Austin, and Cavell. Chicago/London: The University of Chicago Press, 2017.

13. Juli 2021: Theorie nach der Theorie (Gast: Philipp Felsch)

Hintergrundlektüre:

- Felsch, Philipp: Der lange Sommer der Theorie. Geschichte einer Revolte, 1960 bis 1990. Frankfurt/M.: Fischer, 2016.

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