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Ferdinand Bruckner. Wissenschaftliche Ausgabe der Werke, Briefe und Tagebücher

Institution:

Institut für Deutsche und Niederländische Philologie - Neuere deutsche Literatur

Mitarbeiter/innen:

Herausgeber/in:

Projektlaufzeit:
01.03.2003
Ferdinand Bruckner

Ferdinand Bruckner
Bildquelle: Stiftung Archiv der Akademie der Künste

Die wissenschaftliche Ausgabe der Werke, Briefe und Tagebücher Ferdinand Bruckners wird im Einvernehmen mit der Stiftung Archiv der Akademie der Künste (Berlin), in deren Besitz sich der Nachlass Bruckners befindet, durchgeführt.

Die Publikation erscheint seit März 2003 im Weidler Buchverlag Berlin.


Neueste Erscheinung (2018):
Bruckner, Ferdinand: Werke, Tagebücher, Briefe (Wissenschaftliche Ausgabe). Band 11: Lyrik.

Hrsg. v. Joaquín Moreno. Berlin: Weidler Buchverlag 2018. 271 Seiten. ISBN 978-3-89693-698-1


Über das Projekt:

1. Konzeption und Arbeitsweise

2. Struktur der Ausgabe

3. Biographische Angaben zu Ferdinand Bruckner

4. Geschichte und Inhalt des Nachlasses

1. Konzeption und Arbeitsweise

Die Edition ist als wissenschaftliche Ausgabe unter Berücksichtigung der vorhandenen Textüberlieferung konzipiert. Textgrundlage für die Edition der zu Lebzeiten publizierten Werke ist in der Regel die jeweils erste Publikation (im Druck oder auf der Bühne). Relevante Vorstufen und veränderte Fassungen werden nach Maßgabe der textkritischen Verfahrensweisen berücksichtigt.
Die Anordnung der Werke erfolgt nach Textgattungen und nach der Chronologie ihrer Entstehung. Nachgelassene Texte werden der Ausgabe integriert. 
Angaben zur Überlieferungs-, Entstehungs- und Rezeptionsgeschichte und Erläuterungen zu den einzelnen Texten werden in Kommentarbänden vorgelegt.
Die Ausgabe wird 15 Textbände und einen Dokumentarband umfassen. Die Zahl der Kommentarbände, die separat erscheinen werden, steht noch nicht fest.


2. Struktur der Ausgabe

Die Ausgabe ist in 16 Bände unterteilt, die seit 2003 im Weidler Buchverlag Berlin erscheinen.
Eine Übersicht zu allen Bänden finden Sie auf der folgenden Seite.


3. Biographische Angaben zu Ferdinand Bruckner

Der heute nahezu in Vergessenheit geratene österreichische Dramatiker Ferdinand Bruckner (eigentlich Theodor Tagger) war in der späten Weimarer Republik einer der prominentesten und umstrittensten Bühnenautoren. Sein Werk umfaßt expressionistische Lyrik, neusachliche Zeitstücke aus den 20er Jahren, Historiendramen aus den 30er Jahren, politische Widerstandsstücke aus dem Exil und ein Spätwerk, in dem Bruckner sich mit dem Wesen der Tragödie auseinandersetzte. Neben dem dramatischen Hauptwerk publizierte Bruckner einen Roman, mehrere Erzählungen sowie zahlreiche Essays, Rezensionen und theoretische Schriften. Seine Tage- und Werknotizbücher und die umfangreiche Korrespondenz mit bedeutenden Zeitgenossen sind weitgehend erhalten.
Ferdinand Bruckner wurde am 26.08.1891 in Sofia als Theodor Tagger geboren und wuchs in Wien, Graz und Berlin auf. Nach der Trennung seiner Eltern, eines  österreichisch-jüdischen Geschäftsmanns und einer französischen Übersetzerin, verbrachte er seine Jugend in den drei Metropolen Wien, Berlin und Paris. Während seines Studiums der Musik am Conservatoire de Paris, am Wiener Konservatorium und an der Berliner Hochschule für Musik veröffentlichte er bereits Aufsätze, Rezensionen und Gedichte in Zeitschriften. Beeindruckt vom expressionistischen literarischen Umfeld in Berlin wandte er sich um 1916 von der Musik zum Schreiben. In den folgenden Jahren publizierte er unter anderem die Novelle Die Vollendung eines Herzens sowie die Gedichtbände Der Herr in den Nebeln und Der zerstörte Tasso. Er gründete 1917 die Zeitschrift MARSYAS, welche in exklusiver Aufmachung Texte zeitgenössischer Autoren wie Döblin, Hesse, Kafka und Stefan Zweig sowie Originalgraphiken enthält. 1920 heiratete er Bettina Neuer; zusammen gründeten sie 1922 das noch heute existierende Renaissance-Theater in Berlin. Nach anfänglichen Erfolgen führten Fehlschläge und finanzielle Probleme dazu, daß Tagger 1927 das Theater aufgab, die Leitung übernahm später Gustav Hartung. Tagger arbeitete fortan als Dramaturg und schrieb unter dem Pseudonym Ferdinand Bruckner die Schauspiele Krankheit der Jugend, Die Verbrecher und Elisabeth von England, die aufgrund ihres großen Erfolges den Namen Ferdinand Bruckner berühmt machten und ein Rätselraten um den unbekannten Autor auslösten. 1930 lüftete Tagger das Pseudonym; 1946 änderte er seinen bürgerlichen Namen offiziell in Ferdinand Bruckner.
Im März 1933 mußte Bruckner mit seiner Familie über Österreich und die Schweiz nach Paris emigrieren. Dort entstand sein antifaschistisches Schauspiel Die Rassen, das Gustav Hartung bereits im November 1933 am Zürcher Schauspielhaus mit großem Erfolg uraufführte. In den folgenden Jahren im französischen und ab 1936 im US-amerikanischen Exil bearbeitete Bruckner vorrangig Stoffe aus Geschichte und Kultur der Gastländer; nach Kriegsbeginn thematisierte er in Schauspielen wie Denn seine Zeit ist kurz und Simon Bolivar den Kampf für Freiheit und Menschenrechte. Trotz vielfältiger Versuche fand Bruckner im amerikanischen Exil kein Echo beim Publikum. Der einzige größere Erfolg blieb die Aufführung seiner englischen Bearbeitung von Lessings Nathan der Weise für Piscators Studio Theatre in New York 1942. Durch zahlreiche Vorträge und Artikel sowie durch seine Arbeit in mehreren Vereinigungen von Exilschriftstellern engagierte er sich für die europäische Exilkultur.
Sofort nach Kriegsende orientierte er sich wieder nach Europa: Die Schauspiele Die Befreiten und Denn seine Zeit ist kurz wurden bereits im September 1945 in Zürich und Bern aufgeführt. 1953 ließ er sich wieder in Berlin nieder und arbeitete als dramaturgischer Berater am Schillertheater. Sein vielschichtiges Spätwerk, vor allem seine 'klassische' Tragödie Pyrrhus und Andromache, wurde wohlbeachtet, die großen internationalen Erfolge der späten 20er und frühen 30er Jahre stellten sich allerdings nicht mehr ein. Bruckner starb am 05.12.1958 in Berlin.


4. Geschichte und Inhalt des Nachlasses

Im Jahre 1961 übernahm die Akademie der Künste in Berlin-West den Nachlaß Ferdinand Bruckners.
Dabei gelangten aus dem Besitz des Sohnes Peter Tagger Bücher, Manuskripte, Notizbücher, Programme und Zeitungsausschnitte sowie aus dem Besitz der Tochter Ruth N. Puckett Tagebücher, Entwürfe, Briefe, Zeitungsausschnitte und persönliche Dokumente nach Berlin. Die Schwester Bruckners, Renée Tagger-Gloor, schenkte dem Archiv Unterlagen aus den Jugendjahren des Schriftstellers, darunter Fotos und Briefe. Ein größerer Teil der Privatkorrespondenz wurde von ihr vernichtet.
Der Gesamtbestand umfaßt 8,5 laufende Meter. Die überlieferten Unterlagen spiegeln alle Phasen des Schaffens Ferdinand Bruckners wider, von den Anfängen über die 20er Jahre und das Exil bis zu den letzten Lebensjahren in Berlin.
Der Einschnitt, der die politische Machtübernahme durch die Nationalsozialisten in Deutschland bedeutete, hatte auch Folgen für die Erhaltung der bis zum Jahre 1933 aufbewahrten Manuskripte und Briefe. Eine Freundin der Familie Bruckner rettete einen Koffer mit Dramenhandschriften, Tagebüchern und Briefen aus der Zeit von 1926 bis 1933. Verlorengegangen sind viele Briefe von Schriftstellern und Künstlern, deren Arbeiten in der von Tagger herausgegebenen expressionistischen Zweimonatsschrift MARSYAS erschienen, ebenso die 6000 Bände umfassende Bibliothek.
Die 5865 erhaltenen Briefe umfassen Korrespondenz mit Theatern und Verlagen, mit Familienmitgliedern sowie Freunden und Bekannten.
Aus der frühen Zeit der literarischen Tätigkeit finden sich mehrere Werknotizbücher mit zahlreichen Notizen und Entwürfen zu Gedichten, Dramen, Erzählungen und Aufsätzen.
Aus der produktivsten Schaffensphase Theodor Taggers in den 20er Jahren sind Notizen und ausgeführte Entwürfe der Dramen erhalten. Dazu zählen: Krankheit der Jugend, Die Verbrecher, Die Kreatur, Elisabeth von England, Die Marquise von O.
Im Nachlass erhalten geblieben ist eine Vielzahl von Werknotizbüchern, Dramen, Filmskripten und publizistischen Arbeiten, die während der Exilzeit entstanden sind. Darunter befinden sich u.a. Dramenentwürfe zu Die Rassen, Die Namenlosen von Lexington, Die Kinder des Musa Dagh, Simon Bolivar, Filmentwürfe zu Der Hut - Entwurf zu einem Geßler-Film, Eroberer, Gloriana sowie die Übersetzung und Bearbeitung von Lessings Nathan der Weise. Erwähnenswert sind Bruckners Sammlung und Übersetzung von Negerliedern, die erst 1970 unter dem Titel Des Sheriffs Hunde. Negersongs aus Amerika erschienen.
Aus der Nachkriegszeit und den letzten Lebensjahren in Berlin liegen im Archiv u.a. die Dramen Die Befreiten, Denn seine Zeit ist kurz, Früchte des Nichts, Napoleon der Erste, Die Kindsmörderin, Die Buhlschwester, Der Tod einer Puppe und Der Kampf mit dem Engel vor. Neben der erhaltenen Übersetzung zu Arthur Millers Schauspiel Der Tod eines Handlungsreisenden finden sich publizistische Arbeiten im Nachlass, die das Bild des literarischen Schaffens von Ferdinand Bruckner vervollständigen.
Ein Großteil der Manuskripte, der Notiz- und Werknotizbücher sowie der Tagebuchaufzeichnungen sind in Gabelsberger Stenographie überliefert. Bruckner verwendete seit den 40er Jahren zunehmend diese Kurzschrift.
Persönliche Unterlagen, Privat- und Szenenfotos sowie zahlreiche Theaterprogramme und Manuskripte fremder Autoren ergänzen den Archivbestand.
Diese Hinweise zur Geschichte und zum Inhalt des Nachlasses nach freundlicher Mitteilung von Maren Horn, Ferdinand-Bruckner-Archiv in der Stiftung Archiv der Akademie der Künste - Archivabteilung Literatur, Robert-Koch-Platz 10, 10117 Berlin.