Juan Gabriel Vásquez (SoSe 2021)
Der kolumbianische Schriftsteller Juan Gabriel Vásquez ist im Sommersemester 2021 der 44. Samuel Fischer-Gastprofessor für Literatur am Peter Szondi-Institut für Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft der Freien Universität Berlin.
Link zum Digitalen Dialog mit Alberto Manguel am 11.5.2021.
Vásquez wurde 1973 in Bogotá geboren, studierte Jura in Kolumbien und arbeitete zu lateinamerikanischer Literatur an der Pariser Universität Sorbonne. Er gilt als einer der bedeutendsten zeitgenössischen Erzähler Lateinamerikas. Sein schriftstellerisches Werk, das neben einem Essayband, einer Biographie über Joseph Conrad und einem Kurzgeschichtenband fünf Romane umfasst, ist bisher in 16 Sprachen erschienen und mehrfach preisgekrönt worden. Zudem übersetzte Vásquez Autoren wie Victor Hugo und E. M. Forster, schreibt Essays und Kolumnen für die kolumbianischen Zeitschrift El Espectador und unterrichtete unter anderem als Gastprofessor für Weltliteratur in Bern. Nach langjährigem Arbeiten und Wirken in Europa lebt Vásquez mit seiner Familie heute in Bogotá.
In seinen Büchern setzt sich Vásquez mit Kolumbiens gewalttätiger, seine Figuren verstörender Geschichte auseinander. Er selbst versteht seine Erzählweise als einen Gegenentwurf zum Stil des magischen Realismus. Mit seinem Debütroman Los informantes von 2004 (dt. Die Informanten, Schöffling und Co. 2010) gelangte Vásquez zu internationaler Aufmerksamkeit. Im Buch geht er anhand der Recherchen eines kolumbianischen Journalisten und dessen Chronik einer deutsch-jüdischen Familie den Spuren politischer Verfolgungen im Kolumbien der 1930er Jahren nach. Vor dem historischen Hintergrund des Baus des Panamakanals lässt sein zweiter Roman Historia secreta de Costaguana (dt. Die geheime Geschichte Costaguanas, Schöffling und Co. 2011) Joseph Conrad als Figur in einer Hommage an die Tradition des Abenteuerromans auftreten. Für sein Buch El ruido de las cosas al caer (dt. Das Geräusch der Dinge beim Fallen, Schöffling & Co. 2014) erhielt Vásquez den Premio Alfaguara de Novela, den International IMPAC Dublin Literary Award, einen der höchstdotierten Literaturpreise der Welt, sowie den Premio Gregor von Rezzori. Es erzählt von den Auswirkungen des Drogenhandels in Kolumbien und porträtiert eine Generation, die vom Krieg zwischen dem Kartell Pablo Escobars und der Regierung langfristig geprägt wurde. Im Roman Las Reputaciones (dt. Die Reputation, Schöffling & Co. 2016) verhandelt Vásquez anhand der Figur eines einflussreichen kolumbianischen Karikaturisten, der sich zum ersten Mal der Verantwortung für die weitreichenden Auswirkungen seines Schaffens zu stellen hat, die Macht politischer Zeichnungen. Sein jüngster Roman, La forma de las ruinas (dt. Die Gestalt der Ruinen, Schöffling & Co. 2018) gelangte im Jahr 2019 auf die Shortlist des Man Booker Prize. Vásquez setzt sich darin mit der Ermordung des liberalen Politikers Jorge Eliécer Gaitàn 1948 in Bogotá auseinander, die einen zehnjährigen Bürgerkrieg auslöste. Sein jüngster Erzählband, „Lieder für die Feuersbrunst“, ist im Februar 2021 auf Deutsch bei Schöffling & Co. erschienen.
Im Rahmen der Samuel Fischer-Gastprofessur wird Juan Gabriel Vásquez im Sommersemester 2021 ein Seminar mit dem Titel „The Politics of Fiction: Discussions on History, Memory, and the Possibility of Truth“ am Peter Szondi-Institut unterrichten, in dem er sich dem Roman im Spannungsfeld zwischen Geschichte und Fiktion nähert und seine Rolle vor dem Hintergrund von post-truth Diskursen befragt. Die Lehrveranstaltung ist offen für Bachelor-Studierende ab dem 3. Fachsemester und für Master-Studierende der Allgemeinen und Vergleichenden Literaturwissenschaft sowie für Studierende anderer Institute.