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Publikationen aus dem Arbeitsbereich

Hier finden Sie eine Übersicht über neuere Buchpublikationen von Mitgliedern des Arbeitsbereichs (ab 2005). Alle Bücher sind im Fachbuchhandel lieferbar.

Sibylle Schmidt:
Ethik und Episteme der Zeugenschaft
Konstanz: University Press 2015

Sei es in der Rechtsprechung, in der Geschichtsschreibung oder im Alltag: Die Zeugnisse anderer sind eine unverzichtbare Informationsquelle. Doch diese Quelle ist höchst fehlbar: Zeugen können lügen oder sich irren. Im Recht, in der Rechtspsychologie, aber auch in der Erkenntnisphilosophie ist das Zeugnis deswegen höchst umstritten. Zugleich wird dem Bezeugen, insbesondere den Zeugnissen von Überlebenden politischer Gewalt, eine wichtige ethische und gesellschaftliche Bedeutung zugesprochen. Sibylle Schmidt setzt nun beide Aspekte der Zeugenschaft ihren prekären Wert als Erkenntnisquelle und ihre ethischpolitische Dimension in einen Zusammenhang und versteht sie als eine Form epistemischer Kooperation, die ethisch fundiert ist.

Sybille Krämer (Hg.):
Ada Lovelace. Die Pionierin der Computertechnik und ihre Nachfolgerinnen.
Paderborn: Fink 2015

Ada Lovelace schrieb 1843 das weltweit erste Programm für eine informationsverarbeitende Maschine. Welche Beiträge leisten Frauen bis heute in der Welt des Digitalen?
Der Band setzt sich mit Ada Lovelace (1815 –1852) als Pionierin der Programmierung, aber auch mit ihrer Stilisierung zur Ikone auseinander. Er blickt auf die Bedeutung ›Rechnender Frauen‹ in der Nachkriegsära der einsetzenden Computertechnik. Er erörtert die Rolle der ›feinen Unterschiede‹ der Geschlechter in Wissenschaft und Technik und lässt wichtige Forscherinnen der zeitgenössischen Computerwissenschaft (Robotik, Verteilte Intelligenz, Big Data) zu Wort kommen.

Sybille Krämer:
Medium, Messenger, Transmission. An Approach to Media Philosophy
(eng. Übers. von: Medium, Bote, Übertragung, Suhrkamp 2008)
Amsterdam University Press: 2015

Medium, Messenger, Transmission uses the figure of the messenger as a key metaphor for the function of all transmission media. Sybille Krämer illustrates this argument with a diverse range of situations involving some form of transmission, including the circulation of money, the translation of languages, the spread of infectious diseases, processes of transference and countertransference as seen in psychoanalysis, and even the development of cartography. This rich study provides a comprehensive introduction to the field of media philosophy while illuminating transmission media as active mediators in all systems of exchange.

Sybille Krämer:
メディア、使者、伝達作用―メディア性の「形而上学」の試み
(jap. Übers. von: Medium, Bote, Übertragung, Suhrkamp 2008)

The Sakai Agency: 2014

本書は、その立場が、西洋文化における「使者」のイメージを手がかりに展開されている。

さまざまな局面でさまざまな姿を見せるメディア現象の背後にある共通項を取り出す試み。過去のメディア論者たちの議論を紹介し、メディアの伝達作用が発揮される事例として「天使」「貨幣」「翻訳」などに光を当てる。

Mirjam Schaub und Markus Rautzenberg
mit Joachim Küpper und Regine Strätling (Hg.):
The Beauty of Theory: Zur Ästhetik der Affektökonomie von Theorien
Paderborn: Fink 2013

Wer entwirft eine gute Theorie eigentlich und warum? Was zeichnet sie aus, wenn sie Erfolg haben will? Welchen Jargon pflegt sie? Gibt es bestimmte ästhetische Qualitäten, die ihren »Appeal« bestimmen und den Grad der Zustimmung beeinflussen? Welche affektiven Momente (Ängste, Lüste) transportiert eine Theorie - unerkannt - mit? Welche Aversionen legt sie offen? Gelingt es mit diesen Fragen einen neuen Blick auf ihre spezifischen Durchsetzungsmechanismen zu gewinnen?

Sybille Krämer und Rainer Totzke mit Eva Cancik-Kirschbaum (Hg.):
Schriftbildlichkeit: Wahrnehmbarkeit, Materialität und Operativität von Notationen
Berlin: Akademie 2012

Lange Zeit galt Schrift als aufgeschriebene mündliche Sprache. Doch Schriften sind mehr als Aufschreibsysteme für Gesprochenes; stets bergen sie lautsprachenneutrale Aspekte. Der Begriff "Schriftbildlichkeit" zielt auf einen Perspektivenwechsel: die Überwindung eines phonographisch reduzierten und eurozentrisch verengten Schriftkonzeptes. Jenseits der Dichotomie von Sprache und Bild vereinigen sich in Schriften diskursive und ikonische Merkmale – und das gilt für alphabetische wie nichtalphabetische Schriften. Schriften eröffnen Experimentierräume der kognitiven wie der ästhetischen Erfahrung.

Alice Lagaay mit Michael Lorber (Hg.):
Destruction in the Performative
Amsterdam: Rodopi 2012

Within a perspective which focuses on the manner in which social and cultural reality is constituted or brought about by human activity, theorists have, in recent years, tended to underline the productive aspects of transformation by emphasising the creative thrust of performative processes and events. In so doing, this perspective has tended to overlook the extent to which a certain destructive element may in fact be inherent to such performative processes. The shared aim of the articles in this book is to explore the manner in which destructivity, such as the destabilisation and destruction of orders, subjects and bodies, can be grasped by concepts of performativity. In other words, to what extent may a certain destructive dynamic be inscribed within this very notion?

David Lauer mit Georg Bertram, Robin Celikates und Christophe Laudou (Hg.):
Expérience et réflexivité
Paris: Harmattan 2011

Depuis que John Locke a identifié sensation et reflection comme les deux sources de nos contenus mentaux, l'expérience et la réflexion sont devenues les mots-clés de l'explication philosophique de l'esprit. Depuis, l'exacte compréhension de ces deux facultés et de leur rapport a fait l'objet d'un conflit philosophique. Kant, Hume et Hegel l'ont d'ailleurs largement critiqué. Le problème du rapport de l'expérience et de la réflexivité est l'objet de presque toutes les traditions contemporaines significatives. (Articles en français, en anglais et en allemand).

Simone Mahrenholz:
Kreativität. Eine philosophische Analyse
Berlin: Akademie 2011

Das vorliegende Buch präsentiert eine logische Grundidee zur Entstehung von schöpferisch Neuem, Elemente aus der Informations-, Kommunikations- und Medientheorie verbindend. Kreativität zeigt sich an philosophischen Stationen von der Antike bis zur Gegenwart als ein Transformationsphänomen, welches das Denken auf eine andere logische Ebene führt und kategoriale Grenzen kollabieren lässt. Im Ergebnis ist sie nichts per Definition Abwesendes, erreichbar nur über den Umweg von unverfügbarer Gunst, weltabgewandter Passion oder verborgenen Tricks. Kreativität ist vielmehr omnipräsent, und die Frage, wie man sie erreicht, wird zur Frage, wie man ihr eine optimale Basis bereitet, ohne sie wesentlich zu behindern.

Gabriele Gramelsberger (Hg.):
From Science to Computational Sciences: Studies in the History of Computing
Berlin: Diaphanes 2011

In 1946 John von Neumann stated that science is stagnant along the entire front of complex problems, proposing the use of largescale computing machines to overcome this stagnation. The invention of the computer in the 1940s allowed scientists to realise numerical simulations of increasingly complex problems like weather forecasting, and climate and molecular modelling. By replacing analytical methods with numerical ones, computers have expanded theory and experimentation by simulation. This volume explores the epoch-making influence of automatic computing machines on science, in particular as simulation tools.

Gabriele Gramelsberger mit Johann Feichter (Hg.):
Climate Change and Policy: The Calculability of Climate Change and the Challenge of Uncertainty
Berlin: Springer 2011

The complexity of climate models goes hand in hand with uncertainties, but uncertainty is in conflict with socio-political expectations. However, certain predictions belong to the realm of desires and ideals rather than to applied science. Today’s attempt to define and classify uncertainty in terms of likelihood and confidence reflect this awareness of uncertainty as an integral part of human knowledge, in particular on knowledge about possible future developments. The contributions in this book give a first hand insight into scientific strategies in dealing with uncertainty by using simulation models and into social, political and economical requirements in future projections on climate change. Do these strategies and requirements meet each other or fail?

Sibylle Schmidt und Sybille Krämer mit Ramon Voges (Hg.):
Politik der Zeugenschaft. Zur Kritik einer Wissenspraxis
Bielefeld: Transcript 2011

Die Figur des Zeugen, der von einem Ereignis berichtet und es damit anderen zugänglich macht, verkörpert eine fundamentale Wissenspraxis für die menschliche Lebenswelt. Umso erstaunlicher ist es, dass die Philosophie dieses Thema lange Zeit sehr eindimensional erörtert hat: Nur die erkenntnistheoretische Frage, ob das durch Zeugen vermittelte Wissen überhaupt wirkliches Wissen sei, schien interessant. Doch ist das Problem des Zeugnisablegens damit erschöpft? Dieses Buch untersucht Zeugenschaft in systematischer und historischer Perspektive als eine soziale Institution des Wissens. Es leistet dabei erstmals einen Brückenschlag von erkenntnistheoretischen Ansätzen zum Wissens- und Informationscharakter des Zeugnisgebens hin zu medienkritischen Fragen, Überlegungen zur Rolle von Zeugen im öffentlichen Raum sowie zur ethischen und politischen Bedeutung von Überlebenszeugen.

Hannes Kuch mit Paulus Kaufmann, Christian Neuhäuser und Elaine Webster (Hg.):
Humiliation, Degradation, Dehumanization: Human Dignity Violated
Amsterdam: Springer 2010

Degradation, dehumanization, instrumentalization, humiliation, and nonrecognition – these concepts point to ways in which we understand human beings to be violated in their dignity. Violations of human dignity are brought about by concrete practices and conditions; some commonly acknowledged, such as torture and rape, and others more contested, such as poverty and exclusion. This volume collates reflections on such concepts and a range of practices, deepening our understanding of human dignity and its violation, bringing to the surface interrelationships and commonalities, and pointing to the values that are thereby shown to be in danger.

Markus Rautzenberg mit Erika Fischer-Lichte und Kristiane Hasselmann (Hg.):
Ausweitung der Kunstzone. Interart Studies - Neue Perspektiven der Kunstwissenschaft
Bielefeld: Transcript 2010

Nicht nur die Grenzen von Kunst und Leben sind in Bewegung, auch diejenigen zwischen den Einzelkünsten selbst verflüchtigen sich, sodass die kunstwissenschaftlichen Einzeldisziplinen den Arbeiten kaum mehr gerecht werden. Die Interart Studies spüren an Beispielen aus Film, Theater, bildender Kunst, Musik, in Ästhetik und Medientheorie Phänomene der Überschreitung auf, um zu erproben, wie diese mit neuen Mitteln methodisch und theoretisch adäquat zu fassen sind.

Hannes Kuch und Steffen K. Herrmann (Hg.):
Philosophien sprachlicher Gewalt. 21 Grundpositionen von Platon bis Butler
Weilerswist: Velbrück 2010

Die dialogische Kraft des Gesprächs vermag gewaltsame Konflikte zu suspendieren. Zugleich jedoch bilden Sprache und Gewalt nicht nur einen Gegensatz, sondern sind auch aufeinander bezogen und ineinander verwoben: So können wir in der Sprache vergangene Gewalttaten wieder wachrufen oder zukünftige androhen. Sprache selbst kann verletzen. Die Edition fragt nach diesem intrinsischen Zusammenhang von Sprache und Gewalt. Sie zeigt anhand von unterschiedlichen philosophischen Grundpositionen, dass sich die Gewalt der Sprache vom ›verletzenden Sprechakt‹ auf der einen bis hin zur ›strukturellen Ur-Gewalt‹ der Sprache auf der anderen Seite erstreckt. Die ›Gewalt der Sprache‹ entfaltet der Sammelband anhand von ausgewählten Autorenportraits, die vom philosophischen Klassiker (Platon oder Hobbes) bis hin zu viel diskutierten Gegenwartsdenkerinnen und -denkern reichen (Honneth oder Butler).

Markus Rautzenberg mit Andreas Wolfsteiner (Hg.):
Hide and Seek. Das Spiel von Transparenz und Opazität
München: Fink 2010

»Wenn jemand ein Buch so läse, daß er beständig jeden einzelnen Buchstaben sähe, so läse er schlecht. Gerade dann ist die Sprache das vollkommene Medium, wenn alles Sinnliche darin negiert ist.« (Sören Kierkegaard) Die Beiträge dieses Bandes zeigen  anhand einschlägiger Beispiele aus Kunst, Philosophie und Wissenschaft, dass Transparenz und Opazität sich nicht einfach gegenseitig ausschließen, sondern dass gerade im Wechselspiel dieser beiden Ebenen etwas erfahrbar wird, das sonst stets verborgen bleibt: Die Genese medialer Prozesse selbst.

Alice Lagaay mit Barbara Gronau (Hg.):
Ökonomien der Zurückhaltung. Kulturelles Handeln zwischen Askese und Restriktion
Bielefeld: Transcript 2010

Es gibt bestimmte kulturelle und ästhetische Handlungsformen, die einer Ökonomie der Zurückhaltung folgen. Dieser Band widmet sich diesen Formen und begreift dabei Handlung nicht nur als freiwilliges, affirmatives Tun, sondern auch als Zusammenspiel von Sich-Zurückhalten (Zaudern, Zögern, Diskretion) und Zurückgehalten-Werden (Nicht-Können, Nicht-Dürfen). Die interdisziplinären Beiträge untersuchen ein diskursives Feld entlang der Begriffe Abstinenz, Diskretion, Reserviertheit und Beschränkung mit einem doppelten Fokus: der Askese als innerer, selbst auferlegter Zurückhaltung und der Restriktion als äußerem Zurückgehaltenwerden.

Sybille Krämer mit Elke Koch (Hg.):
Gewalt in der Sprache. Rhetoriken verletzenden Sprechens
München: Fink 2010

Eine verletzende Bemerkung, ein beleidigendes Wort – viele Situationen lassen uns Sprache als gewaltförmig erfahren. Die Beiträge dieses Bandes zeigen, welche Perspektiven diese Forschungen in der Linguistik, der Philosophie und der Literaturwissenschaft eröffnen. Wie ist verbale Gewalt von anderen Gewaltformen zu unterscheiden? Sind sprachliche Aggressionen typisierbar? Was an uns ist es überhaupt, das durch Beleidigungen verletzt wird? Ist bereits dem Gespräch als Interaktion eine subtile Gewaltsamkeit eigen? Wie werden Grenzbereiche sprachlicher Aggression, sei es beißender Humor oder die Satire, in der Alltagskommunikation und in der literarischen Fiktion ausgespielt?

Gabriele Gramelsberger:
Computerexperimente. Zum Wandel der Wissenschaft im Zeitalter des Computers
Bielefeld: Transcript 2010

Seit der Einführung des Computers als Forschungs-, Experimentier- und Prognoseinstrument erleben die Wissenschaften einen tief greifenden Wandel. Nicht nur die Praktiken und Infrastrukturen wissenschaftlichen Arbeitens verändern sich, sondern auch die Logik der Forschung unterliegt einer grundlegenden Transformation. Neben Theorie, Experiment und Messung eröffnen Computerexperimente ein neues Feld der Wissensproduktion und verändern radikal die Experimentalkultur der Naturwissenschaften. Am Beispiel der Klimaforschung rekonstruiert das Buch diesen Wandel der Wissenschaften "from science to computational sciences".

Mirjam Schaub:
Das Singuläre und das Exemplarische. Zum Beispiel in Philosophie und Ästhetik
Zürich, Berlin: Diaphanes 2009

Die Arbeit des Philosophen wird primär als Arbeit am Argument und am Begriff aufgefasst. Doch was geschähe, wenn wir alle Beispiele in philosophischen Texten einfach schwärzten? Begriffe verlören ihren Kontext, Argumentationen begännen zu springen, Theorien würden halt-, da gegenstandslos. Das gegebene Beispiel selbst mag austauschbar sein, der Platz, an dem es steht, ist es nicht. Nicht immer beherrschen Philosophen die unfreiwilligen Übertragungseffekte, die von dem gewählten Beispiel zurück auf die Theorie ausstrahlen. Was bleibt von der »Grundlegung zur Metaphysik der Sitten«, von ihrer Kaskade scheiternder Beispiele für eine ›Handlung rein aus Pflicht‹ her gelesen? Welche unfreiwilligen Einsichten verdankt die Theorie ihren Beispielen? Welchen Missbrauch glaubt sie dennoch mit ihnen treiben zu können?

Markus Rautzenberg:
Die Gegenwendigkeit der Störung. Aspekte einer postmetaphysischen Präsenztheorie
Zürich, Berlin: Diaphanes 2009

Was passiert, wenn ein Medium nicht funktioniert, nicht mehr im Hintergrund seinen scheinbar stets gefälligen Dienst verrichtet? Sind Störungen im medialen Vollzug etwas "Abnormales", dessen man sich nur zu entledigen hätte, um "zu den Sachen selbst" zu gelangen? Oder sind sie vielmehr eine der Medialität konstitutiv eingeschriebene Bedingung ihrer Möglichkeit? In der Störung zeigt sich eine Materialität der Kommunikation, die Präsenz eines Mediums, die nicht mit Stoff oder Substanz verwechselt werden kann, da sie nicht in dinghafter Anwesenheit aufgeht. Ihr Modus ist vielmehr die paradoxe Anwesenheit in der Abwesenheit, Vollzug im Entzug - und an diesem Punkt zeigen sich Begriff und Phänomen der Störung als zentral für eine Theorie der Präsenz.

Mirjam Schaub (Hg.):
Grausamkeit und Metaphysik.
Figuren der Überschreitung in der abendländischen Kultur
Bielefeld: Transcript 2009

Das Herzstück der philosophischen Ideengeschichte, die Metaphysik, wird in diesem Buch in Beziehung zu etablierten Praktiken zur Erzwingung von Wahrheiten gesetzt. Wie kommt es, dass im 19. Jahrhundert ein Denken, das grausam, kompromisslos und schmerzhaft zu sein vorgibt, salonfähig wird? In dem kurzen historischen Moment, da Grausamkeit als Praxis aus der Öffentlichkeit verschwindet und ins Private, Sexuelle, Rhetorische abgeschoben wird, treffen sich – so die These der Beiträge – Metaphysik und Grausamkeit in ihrem Überschreitungswillen, der sich nach innen zu richten beginnt. Diese Inversion wird als Schlüssel für die Entdeckung von Passivität verhandelt.

Alice Lagaay mit Barbara Gronau:
Performanzen des Nichtstuns
Wien: Passagen 2008

Der Band widmet sich denjenigen Dimensionen des Performativen, die sich nicht als Aktivität, Machen und Herstellen beschreiben lassen, sondern in Formen des Nichttuns, des Unterlassens, des Schweigens oder der Askese in Erscheinung treten.

Markus Rautzenberg mit Kyung-Ho Cha (Hg.):
Der entstellte Blick. Anamorphosen in Kunst, Literatur und Philosophie
München: Fink 2008

Die Anamorphose kam als optische Technik in der Renaissance auf. Sie ist im wörtlichen wie im übertragenen Sinne das Zerrbild der geometrischen Zentralperspektive, als deren unheimliche Doppelgängerin sie erscheint. In diesem Buch reflektieren Beiträge aus unterschiedlichen kulturwissenschaftlichen Disziplinen anamorphotische Figurationen in Kunst, Literatur und Philosophie. Die Schnittstellen von instrumentellen Visualisierungsstrategien und den Künsten werden so historisch und theoretisch beschreibbar. Dabei wird über den kunsthistorischen Zusammenhang hinaus die Anamorphose als Denkfigur, Metapher und theoriestrategisches Kalkül in den Blick genommen.

Sybille Krämer:
Medium, Bote, Übertragung. Kleine Metaphysik der Medialität
Frankfurt/Main: Suhrkamp 2008

Die zeitgenössische Mediendebatte rekonstruiert Medien zumeist in Begriffen technischer Mittel und Apparate und (v)erklärt sie zum archimedischen Punkt unseres Weltverhältnisses. Doch was bedeutet es, wenn wir Medien nicht als Mittel, sondern als Mitte und Mittler bestimmen? Die Antwort darauf wird in Sybille Krämers neuem Buch durch das »Botenmodell« gegeben, das Übertragung als ein kulturphilosophisches Schlüsselkonzept ausweist. Die kulturstiftende Leistung des Übertragens wird am Beispiel der imaginären Figur des Engels, der Krankheitsübertragung durch Viren, der Eigentumsübertragung durch Geld, der Sprachübertragung in der Übersetzung, der Gefühlsübertragung in der Psychoanalyse und schließlich der Übertragung von Wahrnehmung und Wissen durch Zeugen analysiert. "Aisthetisierung" - im Sinne des Wahrnehmbarmachens eines Abwesenden bzw. eines Unsinnlichen - erweist sich dabei als die Elementaraufgabe von Medien.

David Lauer mit Georg W. Bertram, Jasper Liptow, Martin Seel:
In der Welt der Sprache. Konsequenzen des semantischen Holismus
Frankfurt/Main: Suhrkamp 2008

In systematischer Absicht verfolgen die Autoren die Geschichte des Holismus in der analytischen und der (post-)strukturalistischen Sprachphilosophie - von Hilbert und Saussure bis hin zu Derrida und Davidson. In der Konsequenz dieser Darlegung kommt es zu einer weitreichenden Revision sowohl des linguistic turn als auch der neueren Versuche, diesen zugunsten verschiedener Spielarten der Philosophie des Geistes zu verabschieden. »In der Welt der Sprache« zu sein heißt, als sprachlich Handelnde inmitten der sozialen und naturalen Welt zu sein, die für die Beteiligten auf eine besondere Weise zugänglich und bedeutsam wird.

Alice Lagaay mit Emmanuel Alloa (Hg.):
Nicht(s) sagen. Strategien der Entsagung im 20. Jahrhundert
Bielefeld: Transcript 2008

Das 20. Jahrhundert war durch eine radikale Rückbesinnung auf die Möglichkeiten und Grenzen von Sprache gekennzeichnet. Der neuzeitliche Traum einer restlosen Benennung des Weltganzen wird allerdings fraglich, wenn ihr Medium - die propositionale Aussagelogik - unter Verdacht gerät.Der Band wirft die brisante Frage auf, ob der für das Jahrhundert prägende linguistic turn nicht so sehr in einer Hinwendung, als vielmehr in einer ¯Abwendung® vom Sagen besteht, die sich in der Entsagungsgeste von Melvilles Bartleby emblematisch verkörpert. Einzelanalysen zu literarischen Strategien bei Mallarm‚, Wittgenstein, Celan, Foucault, Adorno, Derrida, L‚vinas u.a.m. führen vor, wie Unterlassen nicht nur ein kritisches, sondern auch stets ein schöpferisches Moment in sich birgt.Mit Beiträgen u.a. von Giorgio Agamben, Jean Clam und Rüdiger Zill.

Steffen Kitty Herrmann, Sybille Krämer, Hannes Kuch (Hg.):
Verletzende Worte. Die Grammatik sprachlicher Missachtung
Bielefeld: Transcript 2007

Worte verletzen und kränken. Woher aber kommt diese Verletzungsmacht? Während die deutsche Philosophie Sprache meist als Gegenmittel zur Gewalt begreift, hat die US-amerikanischen Debatte um hate speech gezeigt, dass das Sprechen Gewalt nicht nur androhen oder verhindern, sondern selbst eine Form von Gewaltausübung sein kann. Gibt es nun eine Logik, eine Grammatik sprachlicher Verletzung, Ausgrenzung und Missachtung? Aus der Sicht verschiedener Disziplinen untersuchen die Beiträge dieses Bandes, welcher Logik und Rhetorik unser verletzendes Sprechen gehorcht.Mit Beiträgen von u.a. Pierre Bourdieu, Harold Garfinkel und Penelope Brown/Stephen Levinson.

 

David Lauer mit Georg Bertram, Robin Celikates und Christophe Laudou (Hg.):
Socialité et reconnaissance. Grammaires de l'humain
Paris: Harmattan 2007

Les diverses formes de vie en commun appellent des modalités de reconnaissance très différentes. Mais il s'agit toujours de combats pour une insertion sociale réussie. Voici une tentative de déclinaison de la nature sociale de l'homme de façon à saisir les grammaires de l'humain comme les grammaires de la reconnaissance (en référence à Fichte, Hegel, Heidegger, Nancy, Wittgenstein, Foucault et Davidson).

Sybille Krämer, Gernot Grube, Werner Kogge (Hg.):
Spur. Spurenlesen als Orientierungstechnik und Wissenskunst
Frankfurt/Main: Suhrkamp 2007

Ist das Spurenlesen archaischer Restbestand eines »wilden Wissens« oder läßt es sich in allen entfalteten Zeichen-, Erkenntnis- und Interpretationstechniken aufspüren? Wie kann das Spurenlesen vom Textlesen und vom Interpretieren sprachlicher und bildlicher Zeichen abgegrenzt werden? Bilden Spuren die Nahtstelle der Entstehung von Sinn aus Nichtsinn? Verbinden sie unsere Zeichenpraktiken mit der Dinghaftigkeit, Körperlichkeit und Materialität der Welt? Werden Spuren entdeckt oder werden sie im Akt des Spurenlesens überhaupt erst hervorgebracht? Das sind Fragen, auf die der Band Antworten sucht. Seine Leitidee ist, daß das Spurenlesen eine Orientierungstechnik und eine Wissenskunst verkörpert, die nicht nur in der Philosophie und den Geisteswissenschaften, sondern auch in den Naturwissenschaften wirksam wird.

Mirjam Schaub:
Gilles Deleuze im Kino. Das Sichtbare und das Sagbare
München: Fink 2006 (2. Auflage)

Es macht einen Unterschied, ob Zeitlichkeit im Medium der Schrift oder im Medium des Bildes verhandelt wird. Deleuzes Nachdenken über Zeitlichkeit ändert sich in den 80er Jahren radikal. Vorbild wird - nach der Literatur - nun das Kino: Hier können Sinnsukzession und -simultaneität getrennt und doch parallel zueinander inszeniert werden durch asymmetrischen Gebrauch von Bild- und Tonspur. Das Sagbare (Tonspur) artikuliert seinen Sinn sukzessiv und trennt das Aktuelle scharf vom Virtuellen. Diese Trennung macht allerdings im Bild keinen Sinn. Das Sichtbare (Bild) kann simultan Sinn und Gegensinn enthalten (qua Schärfentiefe, Bildmontage etc.). Für das Denken ist diese Simultaneität des Divergenten immer eine Herausforderung an die logischen Konventionen. Woran die kantische Erhabenheitserfahrung scheiterte, am positiven Erleben einer solchen Divergenz, darin gründet für Deleuze gerade der Vorbildcharakter des Kinos für das Denken.
Sybille Krämer mit Doris Kolesch (Hg.):
Stimme
Frankfurt/Main: Suhrkamp 2006

Die Stimme ist ein performatives Phänomen par excellence. Das gilt für ihre Ereignishaftigkeit, ihren Aufführungscharakter, ihre Eigenschaft, Spur unseres individuellen wie auch sozialen Körpers zu sein, aber auch für ihr Subversions- und Transgressionspotential. Die Stimme ist zugleich ein Schwellenphänomen, nicht einfach Körper oder Geist, Sinnliches oder Sinn, Affekt oder Intellekt, Sprache oder Bild, Index oder Symbol, sondern sie verkörpert stets beides. Situiert zwischen zwei Seiten, stiftet sie ein Verhältnis zwischen beiden. Gerade weil das Phänomen der Stimme die Grenzen der Einzelwissenschaften überschreitet, ist ihre fachspezifische wie interdisziplinäre Erkundung und begriffliche Bearbeitung eine vorrangige Aufgabe, der sich die Beiträge in diesem Band widmen.

David Lauer mit  Georg W. Bertram, Jasper Liptow, Martin Seel (Hg.):
Die Artikulation der Welt. Über die Rolle der Sprache für das menschliche Denken, Wahrnehmen und Erkennen
Frankfurt/Main: Humanities 2006.

Es gibt einen konstitutiven Zusammenhang von Sprache und Welt, den nur zu erfassen vermag, wer nicht einen einseitigen Primat eines der beiden Pole behauptet. Nicht geht es darum, die Wende zur Sprache gegen eine Wende zum Geist, zur bloßen Praxis oder zu sonst einer Instanz auszutauschen. Vielmehr kommt es zu einer Auffassung, der zufolge die sprachliche Praxis nur eines der Puzzlestücke ist, aus denen sich ein sprachliches Weltverhältnis - das Leben in der »semantic dimension« - zusammensetzt. Auf der Basis der sprachlichen Praxis allein aber lassen sich nicht einmal sprachliche Gehalte im Rahmen dieses Weltverhältnisses nachvollziehen. Die Neuaufnahme der Diskussion um die sprachliche Prägung des Weltverhältnisses sprachfähiger Wesen eröffnet damit eine überraschende Perspektive: Es scheint möglich und notwendig, im Namen der Relevanz der Sprache für den menschlichen Stand in der Welt über den linguistic turn hinauszugehen.

Mirjam Schaub:
Bilder aus dem Off. Zum philosophischen Stand der Kinotheorie
Weimar: VDG 2005

Mit Selbstthematisierung verbindet sich in der Philosophie seit Hegel die Vorstellung, es /könne/ zu jeder Kunstform einen idealen Inhalt /geben/, welcher ihre medialen Besonderheiten perfekt zum Ausdruck bringt. Die Fixierung auf die mediale Selbstthematisierung als das Non-Plus-Ultra philosophischen Nachdenkens über das Kino verengt allerdings den Blick auf die paradoxen ästhetischen, aber auch narrativen Möglichkeiten von Filmen; eine Bürde, die u. a. von Siegfried Kracauers Klassiker "Theorie der Films" herrührt. Mirjam Schaubs Buch versucht hingegen eine ironische Zuspitzung der Selbstthematisierungsdrucks des Films durch eine Pluralisierung der Vorschläge, was dieses selbst denn wohl ausmachen könne. Dabei interessieren
Mirjam Schaub die drei miteinander koalierenden Figuren eines Kino der Sichtbarkeit, eines Kino des Blicks und eines Kino der Unsichtbarkeit, die
sich mit je anderem Gewicht aus der Problematisierung des Sehens, Übersehens und Gesehenwerdens im Film ergeben.

Simone Mahrenholz mit Patrick Primavesi (Hg.):
Geteilte Zeit. Zur Kritik des Rhythmus in den Künsten
Schliengen: Edition Argus 2005

Rhythmus ist nahezu allgegenwärtig, als Grundstruktur unserer Wahrnehmung wie in der Organisation ökonomischer und gesellschaftlicher Prozesse. Probleme in der Auffassung des Rhythmus setzen aber gerade da ein, wo besondere Zwecke und Wertungen damit verknüpft werden - wenn etwa Rhythmus als schön und das Fehlen einer eingängigen Rhythmik als Mangel gilt, oder wenn umgekehrt Rhythmisierung als aufdringlich und platt, der Verzicht auf rhythmische Markierungen dagegen als subtil und spannungsvoll eingeschätzt wird. Am Rhythmus zeigt sich, wie Wahrnehmungsgewohnheiten durch die künstlerische Auseinandersetzung mit ihnen überhaupt erst bewußt werden können, im Prozeß ästhetischer Erfahrung. Zwischen Kontinuität und Störung liegt ein kreatives Potential des Rhythmischen, weniger im Ausgleich als im Oszillieren zwischen den Extremen.

Mirjam Schaub mit Nicola Suthor und Erika Fischer-Lichte (Hg.):
Ansteckung. Zur Körperlichkeit eines ästhetischen Prinzips
München: Fink 2005

Der Band testet die Übertragung eines medizinischen Begriffs in das Feld der Kunst und Kultur: Läßt sich "Ansteckung" als ein wirkungsästhetisches Konzept profilieren, wenn man die Aufmerksamkeit auf die quasi-körperlichen Symptome der Kunsterfahrung lenkt? Was geschieht, wenn die Zufälligkeit, die Unmittelbarkeit, aber auch die innere Notwendigkeit im ästhetischen Erleben mitgedacht werden? Dabei geht es keineswegs um eine bloß metaphorische Entwendung eines medizinischen Begriffs für den kulturwissenschaftlichen Diskurs. Vielmehr soll seine Herkunft aus dem Geist der von Spinoza entdeckten Affekt-Philosophie und des von den englischen Empiristen verwendeten Affektions-Begriffs (lat. afficere, anrühren, anstecken, berühren) ernstgenommen werden.

 
Gernot Grube, Werner Kogge, Sybille Krämer (Hg.):
Schrift. Kulturtechnik zwischen Auge, Hand und Maschine
München: Fink 2005.

Die Geschichte unserer Kultur, Kommunikation und Kognition basiert auf dem Einsatz von Schrift. Doch im Rahmen der Debatte über Mündlichkeit und Schriftlichkeit wurde die Schrift als aufgeschriebene Sprache konzipiert. Der Schriftgebrauch von Mathematik, Musik und Logik, von Naturwissenschaft und Tanz, in der Diagrammatik und bei der Computer-Programmierung blieben dabei ausgeblendet. Demgegenüber thematisieren die Beiträge des Bandes die lautsprachenneutralen Dimensionen der Schrift. Im kulturtechnischen Gebrauch der Schrift wirken Diskursives, Ikonisches und die Techniken der Zeichenmanipulationen stets zusammen. Und das gilt auch für die Alphabetschrift selbst. Die Materialität und Sichtbarkeit der Schrift eröffnen einen Operationsraum ästhetischen und kognitiven Handelns, der undenkbar ist ohne die Simultaneität und Zweidimensionalität inskribierter Flächen.