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Theorien des Realismus: Historische Strategien und literarische Aktualität

Wir gehen im Seminar dem Phänomen des literarischen Realismus nach, bzw. wäre es wohl angemessener, gleich von Beginn im Plural zu sprechen: von unterschiedlichen Realismen in den einzelnen Nationalliteraturen und ihren divergierenden kulturellen Traditionen. Dazu werden literarische Texte ebenso gelesen wie Krisendiagnosen oder theoretische Auseinandersetzungen mit jenem Phänomen, dessen Anliegen vielleicht nie so sehr naturalistische Wirklichkeitsdarstellung war. Im Gegenteil: vielleicht war der Versuch, eine Positionierung zur Welt zu finden, stets mit der emphatischen Forderung ihrer Veränderung verbunden.

Eine erste Herangehensweise an die unterschiedlichen Realismen betrifft die grundlegende Frage, wie dies literarisch vor sich gehen kann. Mit welchen Techniken werden (operative) Wirklichkeitseffekte produziert, und welche historisch unterschiedlichen Bildungen bedarf es um diese als solche zu erkennen. Neben scheinbar paradigmatischen Exempeln des 19. Jahrhunderts sollen deswegen auch Einzellektüren zeitgenössischer Romane erfolgen um den unterschiedlichen Facetten teilweise sich widersprechender Wirklichkeitsauffassungen und ihrer jeweils realistischen Darstellung gerecht zu werden. Die close-readings von Texten aus der französischen, deutschen, russischen und englischsprachigen Literatur werden zugleich versuchen den Realismus von seinen vermeintlichen Rand- und Außenzonen (des Grotesken, des Absurden etc.) her zu beleuchten.

Gelesen werden sollen u.a. Texte von Balzac und Barthes, Flaubert und Jauß, Th. Mann und Lukács, Sorokin und Jakobson.