Springe direkt zu Inhalt

Pseudonyme: Zum Konzept "Autor" im 20. Jahrhundert

Das Pseudonym, der falsche Name, unter dem ein Autor sein Werk oder einen Teil dessen publiziert, ist vielfältig motiviert, noch vielfältiger sind die Verfahren, mittels derer der bürgerliche Name durch einen fingierten Namen ersetzt wird. Häufig sind Anagrame, des Weiteren finden sich u.a. Prenonyme, Scenonyme sowie Pseudandronyme, von Schriftstellerinnen geführte Namen, die — mehr oder weniger eindeutig — auf einen männlichen Autor schließen lassen. Von einem Sonderfall des Autornamens, dem Pseudonym, ausgehend soll das Konzept «Autor» im 20. Jahrhundert erschlossen und an konkreten Beispielen diskutiert werden. Es wird zu reden sein von der um die Jahrhundertwende einsetzenden Transformation eines überholten Geniekults in einen Persönlichkeitskult, von den Vertretern einer neuen Künstler-Typologie, etwa in Gestalt der Dichter-Narren des Dadaismus, und auch von einem weiteren, ebenfalls seit der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert zu beobachtenden Trend, der an die Stelle des elitären Einzelgängers oder diskriminierten Außenseiters einen Jedermann setzt, der einem bürgerlichen Beruf nachgeht, sich dabei aber mit radikaler Subversivität der Literatur widmet. Schließlich soll auch ein Ausblick gegeben werden auf neuere, mithin kollektive, Schreibpraktiken, d.h. auf eine sich abzeichnende Auflösung des im 18. Jh. geprägten Begriffs vom modernen Autor. Wenn im Sinne einer interdisziplinären Betrachtungsweise durchaus auch außerliterarische Praktiken, Implikationen und Konsequenzen von Autorschaft in den Blick kommen, geschieht die Fokussierung auf den «falschen» Autornamen entschieden unter der Prämisse, dass der Autorname letztlich den Text kennzeichnet. Es wird zu fragen sein, ob dies für das Pseudonym in besonderer Weise gilt.

 

Zur Orientierung sollte man sich zumindest mit einigen der folgenden Autornamen vertraut machen:

Jean Améry, Guillaume Apollinaire, Louis Aragon, Luther Blisset, Claude Cahun, Monty Cantsin, Paul Celan, Louis-Ferdinand Céline, Blaise Cendrars, Colette, Joseph Conrad, Hal Croves, Heinrich Dubel, Marguerite Duras, Paul Éluard, Michael Field, Franzobel, Ginster, Oskar Maria Graf, Friedrich Gundolf, Kaspar Hauser, Jacob van Hoddis, Richard Hugo, James Tiptree, Jr., Liesl Karlstadt, Klabund, Pierre Loti, Curzio Malaparte, Loris Melikow, Mynona, George Orwell, Peter Panter, Fernando Pessoa, Joachim Ringelnatz, Alexander Roda Roda, W. G. Sebald, Victor Segalen, Anna Seghers, Walter Serner, Vernon Sullivan, Italo Svevo, Theobald Tiger, Wanda Tinasky, Friedrich Torberg, B. Traven, Tristan Tzara, Karl Valentin, Ignaz Wrobel

 

außerdem empfohlen: Texte zur Theorie der Autorschaft, hrsg. von Fotis Jannidis u.a. Stuttgart 2000