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Deng Xiaomang Abstract

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Deng Xiaomang

(Wuhan-University)

Ein Vergleich zwischen dem chinesischen Yi () und der griechischen Dike (Δίκη)

Ein Vergleich zwischen den Prinzipien der Gerechtigkeit im Konfuzianismus, Mohismus (Mohistenschule), Legalismus und Taoismus des chinesischen Altertums einerseits und in den griechischen Theorien der Gerechtigkeit bei Solon, Anaximander, Heraklit, Sokrates, Plato und Aristoteles andererseits soll zeigen: Was die Ursprünge der Gerechtigkeitsidee in China und im Westen betrifft, bilden sowohl das chinesische Yi (义)  als auch die griechische Dike (Δίκη) die Kernidee und -wertvorstellung, die die jeweilige Gesellschaft bindet. Jedoch zeigen sich auch viele  Unterschiede in den Gerechtigkeitsideen in China und im Westen. Im Wesentlichen geht der Unterschied auf die folgenden Gründe zurück:

1) Die Auffassung der Gerechtigkeit (Yi) im chinesischen Altertum setzt die Gutherzigkeit der menschlichen Natur voraus. Dies wirkt sich auf die Hilfe und Unterstützung der Menschen untereinander sowie im Rahmen ihrer jeweiligen Stände aus. Sie begründet auch das Opfer, das das Individuum im Notfall für die Gemeinschaft zu erbringen hat. Die griechische Idee von Gerechtigkeit (Dike) basiert hingegen auf dem Privateigentum, woraus eine Beschränkung der menschlichen Natur hervorgeht, die das Böse von Natur aus und den Eigennutz der Menschheit als Prinzip anerkennt.

2) Die Gerechtigkeit (Yi) im chinesischen Altertum ist eine subjektive moralische Norm im Herzen aller Menschen; einerseits besitzt sie die Beweglichkeit des himmlischen Gesetzes (Ehrlichkeit und Gewissen), andererseits ist sie in ihrer Ausführung jedoch auch zufällig, willkürlich und unbestimmbar. Die griechische Gerechtigkeit (Dike) ist hingegen eine objektive Maxime der Handlung, die in rechtlicher Strenge, Durchführbarkeit und Korrigierbarkeit auf Veränderung der wirklichen Umstände abzielt.

3) Das chinesische Yi strebt eine Angemessenheit und Zweckmäßigkeit der Gefühle und ein richtiges aber unmerkliches Maß an Höflichkeit bzw. der menschlichen Gefühle an, welche durch alltägliche Erfahrung und lange Bildung gemeistert werden können. Die griechische Dike beruft sich auf ein allgemeines und faires Prinzip der Vernunft, das als Gegenstand einer politischen „Wissenschaft“ durch Lernen und Denken, aber ohne Teilnahme der Gefühle verstanden und aufgefasst wird.

4) Im chinesischen Altertum ist die Gerechtigkeit eine direkte Repräsentation des himmlischen Tao auf der irdischen Welt und hat als Weltanschauung die Vereinigung des Himmels mit den Menschen zum metaphysischen Hintergrund. Die griechische Dike ist eine indirekte Nachahmung der Idee eines (gütigen) Gottes und entspringt dem unüberbrückbaren Abstand zwischen dem menschlichen und göttlichen Gesetz. Als menschliches Gesetz ist sie kritisierbar.

5) Im chinesischen Altertum ist die Gerechtigkeit ein Ordnungsprinzip, das in Familie und Sippe je nach den verschiedenen Rängen der Blutsverwandtschaft errichtet wird, und sich analogisch bis hin zur Konstitution eines Staatssystems ausdehnt. Die griechische Dike ist eine Nivellierung persönlicher Interessen unter der Voraussetzung der prinzipiellen Gleichheit aller und entwirft auf dieser Grundlage die Organisation der Polis etc.

6) Im chinesischen Altertum ist die Gerechtigkeit nur eines unter den moralischen Themen, wie  Herzensgüte(仁), Gerechtigkeit(义), Höflichkeit(礼), Weisheit(智), Vertrauens­würdig­keit(信). Normalerweise zählt sie nicht zu den wichtigsten. Am wichtigsten ist die Herzensgüte und ihre Wurzel, d.h. die Pietät gegenüber den Eltern (孝). Die griechische Dike ist hingegen „der Inbegriff aller Tugenden“ sowie der Kern aller Moralität. Nur sie allein ebnet einen Weg zu Gott.

 

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