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Shylock und der (neue) deutsche Geist

Institut für Englische Philologie

Das Projekt untersucht die Auseinandersetzung mit Shakespeares Der Kaufmann von Venedig in Deutschland nach 1945. Es verbindet dabei Kultur- und Rezeptions- bzw. Bühnengeschichte. Die Wandlungen der Figur des jüdischen Geldverleihers Shylock nach 1945 werden als konfliktreiche Verhandlung deutscher Geschichte gelesen: als Auseinandersetzung mit der Shoah, Schuld und Erinnerung, deutschem Antisemitismus und der Rolle der jüdischen Bevölkerung nach dem Zweiten Weltkrieg.

Zum einen zeichnet das Projekt die Rezeptionsgeschichte in der BRD, in der DDR und schließlich im wiedervereinigten Deutschland diachronisch nach, wobei Bühneninszenierungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Spin-Offs, Adaptionen in anderen Medien sowie nicht zuletzt wissenschaftliche Studien zum Kaufmann von Venedig in den Blick genommen werden. Daneben tritt eine synchrone Perspektive, die solche Rezeptionsprozesse in ihren historischen Kontexten situiert und zu relevanten vergangenheitspolitischen oder erinnerungskulturellen Ereignissen und Debatten (wie etwa den Reaktionen auf die Frankfurter Auschwitzprozesse, den Diskussionen um Rolf Hochhuth und Rainer-Werner Fassbinder, dem Historikerstreit, der Wiedervereinigung sowie nicht zuletzt der langen Diskussion um ein zentrales Holocaust-Mahnmal) in Bezug setzt.

Auf diese Weise können nicht nur die bisherigen Arbeiten zur deutschen Shakespeare-Rezeption im 20. Jahrhundert kritisch überprüft und ergänzt, sondern soll auch die traditionelle Beschwörung der Nähe zwischen „Shakespeare und dem deutschen Geist“ (Gundolf) problematisiert werden. Schließlich wird die Frage gestellt, inwieweit insbesondere die jüngsten Inszenierungen auf gegenwärtige soziopolitische Debatten (Globalisierung, Multiethnizität, religiöser Fundamentalismus) reagieren und ob sich hier neue Tendenzen in der Rezeption des Stücks abzeichnen.


Projektleitung: Prof. Dr. Sabine Schülting

Wissenschaftliche Mitarbeit: Dr. Zeno Ackermann, Sarah Knor, Lukas Lammers

Studentische Mitarbeiterin: Kathrin Bartha

 

Adresse
Habelschwerdter Allee 45
14195 Berlin
Lei­tung
Prof. Dr. Sabine Schülting
Deutsche Forschungsgemeinschaft