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Inszenierungen der Therapie in psychologischer und künstlerischer Praxis

In der zeitgenössischen Kunst, dem Theater, der Performance und der Populärkultur scheinen sich Aspekte von Therapie und Beratung wachsender Beliebtheit zu erfreuen. Auf der dOCUMENTA (13) mit ihrem Thema "Zusammenbruch und Wiederaufbau" wurden 2012 zahlreiche Arbeiten präsentiert, die auf persönlicher oder politischer Krise und künstlerischen, oft performativen Strategien der Regeneration basierten, die häufig Anleihen bei therapeutischen Verfahren machten. Auch in vielen Produktionen des experimentellen Theaters werden seit den 1990er Jahren therapeutische Settings und Methoden ausgiebig genutzt. Zudem sind fiktive Inszenierungen von Psychotherapie ein zentrales Thema vieler Filme und beliebter Fernsehserien wie The Sopranos oder In Treatment.

Gleichzeitig gewinnen in der psychologischen Therapie verkörperte Verfahren wie die Dramatherapie oder das Psychodrama stetig an Relevanz. Dabei wird in der Dramatherapie das Spielen eines fiktiven Charakters in einer fiktiven, zuweilen auf einer konkreten dramatischen Vorlage basierenden Szene als Mittel eingesetzt, um zu psychischer Gesundheit zu gelangen. Während diese beiden Gebiete auf den ersten Blick wenig gemeinsam haben, ergeben sich bei genauerem Hinsehen zwei Überschneidungen: 1. durch die Verbindung von Therapie oder therapeutischer Herangehensweise und künstlerischer Aufführung und 2. durch den Akt der Inszenierung.

In ihrer Studie wird Joy Kristin Kalu die verwandten Motivationen untersuchen, die beide kulturellen Praktiken ausmachen: Die künstlerische Praxis, die das Therapeutische anwendet oder darstellt, sowie die therapeutische Praxis, insbesondere die Dramatherapie, nutzen beide Inszenierung und Rollenspiel als Mittel, um sich mit Heilung auseinanderzusetzen oder sie herbeizuführen. Ausgangspunkt ihrer Arbeit ist dabei Richard Sennetts Beobachtung, dass ein Kausalzusammenhang zwischen dem 'Verfall und Ende des öffentlichen Lebens' und dem Verlust der Fähigkeit des alltäglichen Rollenspieles bestehe. Sie geht von der Arbeitshypothese aus, dass die Inszenierungen der Therapie darauf abzielen, diese Fähigkeit wiederherzustellen und so anhand eines für die Intimität entworfenen Mittels neue Formen von Öffentlichkeit zu konstituieren.

Schlagwörter

  • Populärkultur, experimentelles Theater, Inszenierung von Psychotherapie, Dramatherapie, Psychodrama, Joy Kristin Kalu, Rollenspiel, Richard Sennett, Aufführung, Inszenierungen der Therapie in psychologischer und künstlerischer Praxis, Theatre as Therapy, The Aesthetics of Applied Theatre