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"Self-Marriage-Performance"

Gestalt(therapie) trifft Performance

Walzer ... Rausch ... Farbsymbolik ... beworfen werden ... überstülpen? ... Menschen mit einem Eimer über dem Kopf ... Menschen mit geschlossenen Augen und einem Erzähler, der über seine Aktion berichtet ... der Dialog mit einem Selbstsymbol ... Selbstberührung ... Ich als Kaffeebohne ... Diskussion ... Kreationen und Aufbrechen der Gleichen ... Menschen in festlicher Kleidung ... Menschen in sich selbst bejahender Kleidung ...

Was heißt ein "Ja" für mich im Alltag? Wie drücke ich dieses "Ja" zu mir täglich aus? Ist ein Hochzeitsversprechen an mich wichtig und wenn, wozu? Welche Rituale gibt es, und könnten diese auch meine sein? Wie drückt sich die Beziehung zu mir in Bewegung aus? An welche Denkkonzepte und Konstrukte ist das Thema Heiraten auch heute noch angebunden? – Dies und Anderes waren Fragen, mit denen sich Studierende der Theaterwissenschaft in einem dreitägigen Seminar unter meiner Leitung auseinandersetzten. Wir arbeiteten auf Basis der kulturellen Beschäftigung mit dem Thema Hochzeit – von theaterwissenschaftlichen Texten zu Übergangsriten und verschiedenen Performances, die sich mit dem Thema (Selbst)Hochzeit beschäftigen. Dabei spielte vor allem eine angewandte Auseinandersetzung, die sich mit Formen und Inhalten des Heiratens und "Ja"-Sagens befasste, eine Rolle. Basierend auf einer gestalttherapeutischen Selbsterfahrung wurden in Kleingruppenarbeit Denkprozesse angestoßen und diese dann in der Gesamtgruppe als Performances ausgetauscht.

Die Teilnehmer*innen entschieden sich am letzten Seminartag, eine teilöffentliche Performance zu zelebrieren. In diese flossen verschiedene Elemente des vorher erarbeiteten Materials ein:

... Seifenblasen ... Sekt ... schauende Leute ... eine Reihe von Menschen – gehend, stehend, sitzend, in der U-Bahn, durch grünes Gras ... mit und ohne Schuhe ... sich zerstreuend ... sich wiederfindend ... sich besingend... mit der Natur teilend ...

Die Performance fand ihren Ausgangspunkt im festlich geschmückten Foyer des Instituts für Theaterwissenschaft, in dem jede*r einen Toast auf sich aussprach und ihr / sein Ehe- oder Nichtehe-Gelübde vortrug. Als Bestätigung erwiderten alle den Toast und jede*r bekam ein Band an einen beliebigen Finger der Wahl gebunden. In einer Hochzeitsprozession verließen die Performer*innen das Unigelände in einer Reihe gehend, um zu Fuß und mit der U-Bahn zu einem nahe gelegenen Naturort zu gelangen. Erst an diesem Ort löste sich die Reihe der Selbst-(bzw. nicht) Heiratenden für eine Weile auf, in der jede*r Teilnehmende ein eigenes Ritual vollziehen konnte.

.... Schiffe schwimmen lassen ... etwas pflanzen ... etwas vergraben ...

Zu einem vereinbarten Zeitpunkt kam die Gruppe wieder zusammen und – basierend auf der Tradition des "Grünes Hohlen" – bildeten sie ein Tor, durch das jede Person schritt, während sie sich selbst mit Reis bewarf und beworfen wurde. Akustisch wurde der Prozess des Durchschreitens von den torbildenden Menschen stimmlich begleitet und diente als individuelle Klangresonanz für die/ den Durchschreitende*n.

 

(September 2015)