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Thorsten Gabler

Thorsten Gabler

 

E-Mail: gabler@schriftbildlichkeit.de

 

Dissertationsvorhaben

"Studien zur Materialästhetik brieflicher Kommunikation 1799-1898 (von Arnim/Brentano; Fontane)"

 

Projektbeschreibung

Seit etwas mehr als zwei Jahrzehnten richtet die Literaturwissenschaft ihren Blick unter textkritischen (Grésillon), kultursemiotischen (Barthes, Flusser) und medienphilosophisch avancierten (Krämer, Mersch) systematischen Perspektiven auf die Materialität ihrer Gegenstände und damit exakt auf jene aisthetischen Dimensionen, die einer traditionellen, zwischen dem Gehalt eines Textes und dessen Gestalt trennscharf differenzierenden Philologie noch als gefahrlos zu vernachlässigende Phänomene gegolten haben: auf die Beschaffenheit der Schriftträger, die Spuren der Schreibwerkzeuge und -flüssigkeiten, den Duktus der jeweiligen Handschriften sowie auf die infolge der Anordnung der Schriftzüge entstandenen eigentümlichen konstellativen Lineamente und pikturalen Applikationen der archivierten Manu- und Typoskripte. Im Zuge dieses wachsenden Interesses an den materialen Grundlagen kultureller Formen stellt sich freilich auch die Frage nach dem Status handschriftlicher Briefe neu. Was im Hinblick auf die Kommunikation per Brief zählt, ist unter einer materialästhetischen Perspektive nämlich nicht allein mehr nur das sprachlich Mitgeteilte, sondern ebensosehr dessen materialer Träger, sind die sinnlichen Seiten des Autographen, von denen die Botschaft des Schriftstücks maßgeblich mitgeprägt wird – ein Sachverhalt, der den Korrespondierenden in ihrer briefstellerischen Praxis im übrigen stets bewußt gewesen ist. So verrät etwa Friedrich Klopstock in einem Brief an seine Verlobte Meta, daß es vor allem die blaue Tinte ihrer Schriftstücke gewesen sei, die ihn bewogen habe, Metas Briefe unter Küssen mit in das eigene Bett zu nehmen.

Die hieraus für den Umgang mit Briefen zu ziehenden systematischen Schlußfolgerungen liegen buchstäblich auf der Hand: Wenn zur Brieflichkeit des Briefes – zu der Spezifik seiner medialen Implikationen – über die diskursiven Funktionen des Kommunikationsmediums hinaus nicht zu unterschätzende aisthetische Aspekte gehören, wenn also, mit einem Wort, die Botschaft des Briefes das Objekt namens Brief selbst ist, dann sind Briefe nur solange im Vollsinn des Wortes les- und analysierbar, wie sie auch als schriftbildliche Gebilde zur Kenntnis genommen und in ihrer unverwechselbaren aisthesis gewürdigt werden. Die geplante Studie nimmt deshalb die phänomenale Seite brieflicher Autographen in den Blick. Ihr Ziel ist es, anhand zweier Briefwechsel, die auf höchst augenfällige wie instruktive Weise die Medialität des Briefes im brieflichen Medium thematisieren – anhand des Liebesbriefwechsels zwischen Achim von Arnim und Bettine Brentano (1799-1831) sowie des umfangreichen Briefoeuvres Theodor Fontanes (1846-1898) –, das Feld der Phänomene kategorial abzustecken und in zwei minutiösen analytischen Lektüredurchgängen die materialinduzierten Produktivkräfte und Dynamiken der Autographen exemplarisch zu erfassen.

 

Curriculum Vitae

seit 10/2011

DFG-Promotionsstipendium im Rahmen des Graduiertenkollegs »Schriftbildlichkeit: Über Materialität, Wahrnehmbarkeit und Operativität« von Notationen an der Freien Universität Berlin (Lehrstuhl Prof. Dr. Gabriele Brandstetter)

2008-2011

Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl von Prof. Dr. Waltraud Wiethölter, Institut für deutsche Literatur und deren Didaktik, Goethe-Universität Frankfurt am M.

2007

Erstes Staatsexamen für das Lehramt an Gymnasien („mit Auszeichnung“)

2004

Graecum (1,0)

2003-2007

Stipendiat der Studienstiftung des deutschen Volkes

2002-2007

Studentische Hilfskraft und Tutor am Institut für deutsche Literatur und deren Didaktik der Goethe-Universität Frankfurt a. M.

2000-2007

Studium der Germanistik (Hauptfach), Geschichte (Haupt­fach), Po­li­to­lo­gie (Nebenfach) und Pädagogischen Psy­cho­lo­gie (Ne­ben­fach) an der Goe­the-Universität Frankfurt a. M.