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Zastrozzi

Es ist nicht einfach, die Erzählprosa und die frühe Lyrik des jungen Shelley zu übersetzen, ohne eine Parodie zu produzieren. Im Versuch, seine schauerromantischen Vorbilder noch zu überbieten, produzierte ja Shelley selbst schon einen Text, der als deren Parodie gelesen werden kann. Das ständige fortissimo ist sein stilistisches Grundprinzip, ob es sich dabei um eine Inszenierung lodernder Leidenschaften oder empfindsamer Gefühlstiefe, um philosophische Appelle oder die Projektion aufgewühlter Szenerien handelt.

Die Übersetzung ist in Teamarbeit aus dem "Making a Book"-Seminar der Freien Universität Berlin für Studierende der Anglistik und der Angewandten Literaturwissenschaft (SoSe 06) hervorgegangen. Für jedes Kapitel waren jeweils zwei Übersetzer hauptverantwortlich, die dann ihre Arbeit zur allgemeinen Diskussion stellten und im Licht der vereinbarten Übersetzungsstrategien revidierten.

Prof. Dr. Jürgen Kamm schreibt in der Passauer Neuen Presse (Sept 2007):

"Passau als Schauplatz eines englischen Romans" (ein Auszug):

Gemeinsam mit Lord Byron und John Keats zählt Percy Bysshe Shelley (1792-1822) zu den bedeutendsten Vertretern der jüngeren Generation der englischen romantischen Dichter. Daher dürfte man vermuten, dass sein umfangreiches Gesamtwerk auch in deutscher Übersetzung vollständig verfügbar ist. Dass dies nicht der Fall ist, dokumentiert eindringlich der vorliegende Band, in dem eine Reihe von Frühschriften Shelleys erstmalig in deutscher Übersetzung vorgelegt wird. Besorgt wurde der Text von einem studentischen Team unter der Leitung des Berliner Anglistikprofessors Manfred Pfister, und der Band gliedert sich vorzüglich ein in die Bibliothek des kritischen Britannien, da die versammelten Texte in der Tat Zündstoff liefern. Lange bevor Karl Marx die Religion als Opium für das Volk verwarf, setze sich Shelley in dem nun erstmals ins Deutsche übertragene Essay "Die Notwendigkeit des Atheismus" (1811) mit den von der Vernunft diktierten Grenzen des Glaubens auseinander und wurde prompt von der Universität Oxford als untragbarer Student verwiesen. (....)

Kein anderer britischer Dichter hat je so wohlwollende Worte für die Dreiflüssestadt gefunden, und schon deshalb sei Zastrozzi zur Lektüre empfohlen.

Den vollständigen Artikel gibt es hier.

 

Dr. Ralf Hertel schreibt in der Süddeutschen Zeitung (3.4.2008; S.18):

"Schaurig schöner Schund" (ein Auszug):

Lange Zeit gilt dieser Frühtext eines der bedeutendsten Romantiker Englands als in seinem Pathos schwer verdaulich und moralisch verwerflich. Fast zwei Jahrhunderte lang musste er auf eine Übertragung ins Deutsche warten; erst jetzt haben sich Studenten der Freien Universität Berlin dieser Arbeit angenommen. Das ist verdienstvoll, denn im Abstand der Jahrhunderte betrachtet ist die Romanze um Matilda, die die Liebe ihres angebeteten Verezzis um jeden Preis erlangen will und sich dabei der Hilfe des amoralischen Intriganten Zastrozzis bedient, weit mehr als eine literarische Jugendsünde. Von Interesse ist der Text nicht allein wegen seiner Bezüge zu Deutschland - über weite Strecken spielt die Handlung in der Umgebung von Passau. Nicht weit entfernt davon, in Ingolstadt, wird Shelleys Frau Mary nur acht Jahre später Frankenstein sein Monster zum Leben erwecken lassen. (...)

Der nur sich selbst gehorchende, die Gesellschaft verachtende Zastrozzi ist der Selbstentwurf des jugendlichen Dichters. Das Genre des Schauerromans, das er für diesen Selbstentwurf wählt, ist selbst eine Rebellion, gerichtet gegen den Rationalismus der Aufklärung; es bietet einen literarischen Ort, an dem in übersteigerter Emotionalität sinnliche und übersinnliche Welt verschmelzen -  mitunter fallen die Liebenden von einer Ohnmacht in die andere, als existierten sie nur in einer Zwischenwelt zwischen Realität und Traum. So etwas wirkt schnell unfreiwillig komisch, und es ist das Verdienst der Übersetzung, einen glücklichen Mittelweg gefunden zu haben zwischen behutsamer Abschwächung von Shelleys bisweilen penetrant pathetischem Ton und einem arachaisierenden Stil, der die Fremdheit des Textes nicht kaschiert(...)

 

Den vollständigen Artikel gibt es hier.