Springe direkt zu Inhalt

abstractsWiSe1213

Abstracts der Vorträge im IZ Colloquium WiSe 2012/13

 


Fehlende Artikel und obligatorische Adjektive: Zur Syntax nackter Singulare (11.12.2012)

Tibor Kiss (Ruhr-Universität Bochum)

Die Syntax nackter Singularkonstruktionen hat in jüngerer Zeit einige Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Espinal und McNally (2009) haben zur Analyse nackter Singulare im Katalonischen eine lexikalische Regel vorgeschlagen, nach der das interne Argument unterdrückt und nur funktional realisiert wird. Diese Unterdrückung erklärt, warum nackte Singulare häufig referentiell defizient sind. Diese Analyse wurde in einer Reihe von Vorträgen von Henriette de Swart auch auf Präposition-Nomen-Kombinationen in den germanischen Sprachen übertragen, insbesondere auf solche, deren Kopf die Präpositionen "mit/with/met" bzw. "ohne/without/zonder" sind. Diese Analyse basiert wesentlich auf der Annahme, dass diese Präpositionen jeweils Antonyme sind.

Eine detaillierte Datenanalyse der Präpositionen "mit" und "ohne" macht allerdings zunächst deutlich, dass es erforderlich ist, das Konzept der Antonymie einzuschränken, da die eine Präposition ein anderes Bedeutungsspektrum aufweist als die andere. Vor allem zeigt die auf einem Generalized Linear Mixed Model (GLMM, Zuur et al. 2007) basierende Analyse, dass die syntaktische Distribution dieser beiden Präpositionen, bzw. die syntaktische Distribution der Präposition im Vergleich zu den Präpositionen , *über* und , eben nicht identisch ist. Während das Vorkommen eines Adjektivs bei eher ein Faktor ist, der die Realisation eines Artikels unterstützt, ist es bei den anderen Präpositionen ein bestimmender Faktor des Artikelwegfalls – wobei das Adjektiv in manchen Konstruktionen obligatorisch wird. Im Vortrag werden wir die o.g. Punkte vorstellen, einige aktuelle Klassifikationen von spanischen Adjektiven betrachten (Bosque/Picallo 1996, Demonte 1999) und dafür argumentieren, die Unterscheidung klassifikatorischer bzw. relationaler Adjektive auch auf das Deutsche (bzw. verallgemeinert auf die relevanten Sprachen) zu übertragen. Adjektive erhalten hierbei einen (nahezu) obligatorischen Status und werden in ihrer Syntax den pränominalen Genitiv-NPen angeglichen.


English as a soft-boundary language (13.11.2012)

Thomas Berg (Universität Hamburg)

From the perspective of prototype theory, boundaries between categories can be more or less distinct. This gradience is captured by the notion of boundary permeability which is introduced here as a typological parameter in the sense that a given language is generally characterized by either (relatively) soft or (relatively) strict boundaries. A fairly extensive analysis is offered of boundaries between categories as well as boundaries between levels in English and German. A tenfold comparison between the two languages reveals that German is a strict- but English a soft-boundary language. This difference is argued to follow from the varying importance of inflectional morphology in the two languages. Inflections are claimed to be
boundary markers in that they bring about a divide between syntax and the lexicon. Thus, the strong inflectional component makes German a strict-boundary language and the relative lack of inflections makes English a soft-boundary language. A tentative case is made for regarding strict boundaries as the typologically unmarked, and soft boundaries as the typologically marked, option.

 


Indefinite Artikel im europäischen Vergleich (27.11.2012)

Lutz Gunkel (Institut für Deutsche Sprache, Mannheim)

Vergleicht man definite und indefinite Artikel in Hinblick darauf, in welchen grammatischen Kontexten sie obligatorisch, in welchen sie optional und in welchen sie ausgeschlossen sind, so zeigt sich sprachübergreifend eine auffallende Asymmetrie: Definite Artikel können oder müssen auftreten, sofern (i) die relevanten semantisch-pragmatischen Bedingungen erfüllt sind und (ii) kein anderer Definitheitsmarker vorhanden ist, wobei die zweite Beschränkung nur für einen Teil der Artikelsprachen uneingeschränkt gilt. Im Gegensatz dazu sind die Beschränkungen für indefinite Artikel vielfältiger und führen mit Blick auf die Markierung von Indefinitheit zu mehr oder weniger systematischen Lücken oder dem Einsatz von suppletiven oder anderen Formen. In vielen – aber keineswegs allen – Sprachen mit indefinitem Artikel betrifft dies vor allem die Kombination mit singularischen Stoffsubstantiven und pluralischen Zählsubstantiven (vgl. DEU (*ein) Mehl, (*eine) Kugeln). Weitere Fälle sind Prädikativkonstruktionen, Negationskontexte, nicht-spezifische sowie generische Verwendungen. In dem Vortrag wird der Frage nachgegangen, ob und inwiefern sich auf der Grundlage solcher Vorkommensbeschränkungen eine feinkörnigere Klassifikation von Grammatikalisierungsstadien des indefiniten Artikels etablieren lässt, als sie in der Literatur vorgeschlagen wurde (vgl. z.B. Heine 1997). Sprachen, die zu diesem Zweck betrachtet werden sind Deutsch, Englisch, Französisch, Ungarisch und Griechisch.

Literatur:

Heine, Bernd (1997): Cognitive Foundations of Grammar. New York / Oxford: Oxford University Press. Kap. 4.