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Jacob A. Veidt

Projektstipendium-Alumnus

Gleichwie zu einem Gastmahl von Weisen. Performanz, Gemeinschaft und Eschatologie in Giovanni Pico della Mirandolas conclusiones sive theses DCCCC, sowie der oratio de hominis dignitate.

Jacob A. Veidt hat Philosophie, Religions- und Islamwissenschaften an der FU Berlin studiert. Vor Beginn seines Projektstipendiums an der Friedrich Schlegel Graduiertenschule hat er am Sonderforschungsbereich 980 Episteme in Bewegung gearbeitet. Sein akademisches Interesse konzentriert sich auf die interkulturellen Debatten der Vormoderne sowie auf Transfer- und Transformationsprozesse von Wissen.

Projektskizze zum Dissertationsprojekt:

Gleichwie zu einem Gastmahl von Weisen

Performanz, Gemeinschaft und Eschatologie in Giovanni Pico della Mirandolas Conclusiones sive theses DCCCC, sowie der Oratio de hominis dignitate.

„Giovanni Pico della Mirandola, Graf von Concordia“ – so eröffnet Pico sein im Dezember 1486 bei Eucharius Silber in Rom gedrucktes Thesenkonvolut, das an „allen italienischen Universitäten veröffentlicht“ werden sollte – „wird die folgenden 900 dialektischen, moralischen, physikalischen, mathematischen, metaphysischen, theologischen, magischen und kabbalistischen Thesen öffentlich diskutieren, die sowohl seine eigenen Meinungen als auch die Ansichten der weisen Chaldäer, Araber, Hebräer, Griechen, Ägypter und Lateiner wiedergeben.“ Das durch Pico initiierte Konzil, auf dem die 900 Conclusiones zum Ruhm des Christentums vor dem Papst diskutiert werden sollten, plante Pico mit einer umfangreichen Rede einzuleiten, die später unter dem Titel Oratio de hominis dignitate zu einem der meistgelesenen Renaissancetexte avancieren sollte. Das Konzil selbst wurde freilich, aller argumentativen Schachzüge Picos zum Trotz, durch päpstlichen Erlass verboten; die zuständige Kommission sah in Picos synkretistisch-christologischen Text kein einendes Potential, sondern vor allem die Abkehr vom christlichen Dogma. Unbeachtet blieb in der päpstlichen Zurückweisung Picos häretischer Thesen deren eschatologische Dimension: Die durch den Grafen angeleitete Diskussion hatte das Ziel, durch die Auflösung der babylonischen Verwirrung und die Rückführung alles Wissens auf einen gemeinsamen christlichen Ursprung, eine prisca sapientia, auch der Judenbekehrung Vorschub zu leisten und letztlich eine messianische Zeit einzuleiten. Während das Konzil also nie stattfand und das Textkonvolut von Picos 900 Conclusiones weitgehend unbeachtet blieb, wird die Einführungsrede, Picos Oratio, zunächst vermittelt durch Jakob Burckhardt, und im 20. Jahrhundert vor allem durch die Lektüre Ernst Cassirers und Aby Warburgs, zu dem paradigmatischen Renaissancetext überhaupt stilisiert. Obgleich Picos Oratio sich daher einiger Bekanntheit erfreut, steht eine systematische Auseinandersetzung mit Picos 900 Conclusiones, dem Kern des Disputationsvorhabens, noch aus. Weder sind die inhaltlichen Zusammenhänge zwischen der Rede und dem Textkonvolut adäquat ermittelt, noch sind die beiden Texte angemessen im Kontext von Picos Werk und seinem Florentiner Umfeld diskutiert worden. Auch eine komparatistische Untersuchung des Fragment gebliebenen, synkretistischen „bunt zusammengemischtem Allerlei“ Picos steht noch aus. Letztlich stellt sich zudem die Frage, um was für eine Textsorte, bzw. um was für einen Text es sich bei den 900 Conclusiones überhaupt handelt und inwiefern es bspw. möglich ist die spezifische Selektion unterschiedlicher Thesen durch Pico als Anthologie zu lesen. Im Hinblick auf die Entwicklung eines möglichen Promotionsprojekts an der FSGS stellen sich zudem eine Reihe von Fragen bezüglich der literarischen Gemeinschaft, die Pico in seinem Konvolut aufruft, sowie bezüglich der Performanz des (nie realisierten) Konzils und dessen eschatologischen Implikationen. 

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