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BMBF-Forschungsverbund "Verkörperte Information"

"Lebendige" Algorithmen und zelluläre "Maschinen". Konzepte und Bilder der Converging Technologies

Sprecherin: Dr. Gabriele Gramelsberger 

Der Forschungsverbund "Verkörperte Information" besteht aus Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern der Freien Universität Berlin und der Kunsthochschule für Medien Köln sowie aus Gastwissenschaftlern vom ESRC Lancaster und dem Schweizerischen Nationalen Forschungsschwerpunkt Bildkritik / Eikones an der Universität Basel. Das Projekt wird als Teil des Programms 'Übersetzungsfunktion der Geisteswissenschaft' vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert und hat eine Laufzeit von März 2009 bis Februar 2012. Sprecherin ist die Philosophin Dr. Gabriele Gramelsberger, vom Institut für Philosophie ist außerdem Dr. Werner Kogge Mitglied des Forschungsverbunds.

Unter Converging Technologies wird seit 2002 die Konvergenz von vier Schlüsseltechnologien verstanden – nämlich der Nano-, der Bio-, der Informations- und der Kognitions- bzw. Neurotechnologien. Für diese vier Technologien hat sich, von den englischen Ausdrücken abgeleitet, die Abkürzung NBIC etabliert, so dass man auch von NBIC-Konvergenz spricht. Zentrale These ist die Annahme einer Kompatibilität der 'Grundelemente' Atom, Gen, Bit und Neuron, die als Bedingung der Erschließung neuer technischer Möglichkeiten und Produkte wie Nano-Bio-Prozessoren, 'smart dust' und intelligente Materialien vorausgesetzt wird.

Die Forschungsgruppe erkundet aus der Perspektive von Technikphilosophie, Wissenschafts- und Technikforschung sowie Bildwissenschaften die begrifflichen und bildlichen Schemata, die die Diskurse um Konvergenz prägen, insbesondere in den Informations- und Biowissenschaften. In der Analyse gehen wir davon aus, dass die in diesen Diskursen geläufigen Deutungen, wie etwa 'unity of nature' als Erklärungsgrund für Konvergenz, die aktuelle technologische Entwicklung nur unzureichend beschreiben. Unser kritischer Ansatz beinhaltet drei methodische Maßnahmen: Erstens werden wir die begrifflichen und bildlichen Schemata des aktuellen technologischen Diskurses einer historischen und systematischen Analyse unterziehen, d.h. wir werden sie sowohl in denk- und bildgeschichtlichen Zusammenhängen verorten als auch auf ihre Widerspruchsfreiheit, Verständlichkeit und sachliche Angemessenheit prüfen. Um nicht auf der Ebene wissenschaftspolitischer und populärwissenschaftlicher Redeformen stecken zu bleiben, werden wir zweitens sachnahe Untersuchungen in Forschung und Entwicklung durchführen, und zwar mit den Instrumentarien von teilnehmender Beobachtung und Experteninterviews. Drittens werden wir eine eigenständige und begrifflich durchgestaltete Interpretation der gegenwärtigen technologischen Entwicklung erarbeiten, ausgehend von einer Forschungshypothese, die zum Ausdruck bringt, worin wir den Kern dieser Entwicklung vermuten.

Nach dem Stand der Forschung und unserer Vorarbeiten gehen wir von der Hypothese aus, dass sich gegenwärtig ein technologischer Paradigmenwechsel dadurch vollzieht, dass Information, Materie und Aktion auf neue Weise zu 'Einheiten verkörperter Information ' – wie wir sie nennen wollen – gefügt werden. Technische Agenzien wie der implantierbare 'Hausarzt' aus Biomolekülen inkorporieren auf nichtrepräsentationale Weise Information in ihrer materiellen Struktur, so dass sie (relativ) unabhängig von äußerer Kontrolle eigene Verhaltensstrukturen und Weltverhältnisse ausbilden. 'Inkorporationsparadigma' und 'nichtrepräsentationale' Inkorporierung von Information' sind die heuristischen Konzepte, die unsere Interpretationsarbeit zunächst leiten.