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Judith Kretzschmann

Freie Universität Berlin

Einstein-Projekt "Zur Genealogie des Begriffs der Unparteilichkeit"

Wissenschaftliche Mitarbeiterin (bis 31.12.2014)

Vita

2010 Magistra Artium der Allgemeinen und Vergleichenden Literaturwissenschaft, Neueren deutschen Literatur und Kulturwissenschaft an der Freien Universität Berlin / Humboldt Universität Berlin 
  Magisterarbeit: Über Kunst, Leben und Lebenskunst. Friedrich Wilhelm Basilius von Ramdohr (1757–1822) und sein Beitrag zu den literarischen Debatten um 1800

2013 bis 2014

Wissenschaftliche Mitarbeiterin im Einstein-Projekt "Zur Genealogie des Begriffs der Unparteilichkeit"

Mein wissenschaftliches Interesse gilt der Aufklärung als einem gesamtgesellschaftlichen dynamischen Prozess, der als Wissens- und als Lebenskunstprojekt bis in die heutige Zeit Gültigkeit hat. Auf Defizite in der Aufklärungsforschung zu reagieren und einen Beitrag zu einem tieferen Verständnis der Kultur des 18. Jahrhunderts zu leisten war bereits die Motivation meiner Magisterarbeit über die Aufklärungsästhetik des Juristen Friedrich Wilhelm Basilius von Ramdohr (1757–1822). Im Anschluss an mein Studium habe ich mich an diese Zielstellung anknüpfend mit dem Werk und Wirken des Theologen, Journalisten und Satirikers Karl Friedrich Wegener (1734–1787) beschäftigt, der wie Ramdohr zu den heute weniger bekannten Aufklärungs­schriftstellern zählt. 

In theoretischer und kritischer Auseinandersetzung mit der Literaturgeschichtsforschung liegt meine besondere Passion in der Erforschung marginalisierter Autoren und Diskurse. Ein wesentlicher Beweggrund dafür ist ein Kultur- und Geschichtsverständnis, das in Anlehnung an den US-amerikanischen Literaturwissenschaftler Stephen Greenblatt auf die Vielstimmigkeit und Dynamik historischer Prozesse Rücksicht nimmt und sich einer Kultur und ihren Textzeugnissen aus anthropologischer Perspektive nähert. Die Auseinandersetzung mit dem Menschen und seinen kulturellen Äußerungen in seiner Zeit versucht auf jene Kontinuitäten und Brüche aufmerksam zu machen, welche durch die künstliche Aufstellung einander entgegengesetzter Geistes- und Literaturepochen oder durch die Kanonisierung klassischer Autoren verwischt worden sind. Das kritische Hinterfragen gegebener Forschungsmeinungen auf der Grundlage aktueller Entwicklungen in der Geschichtsforschung und in Anlehnung an bereits bestehende Theorieentwürfe stellt für mich einen selbstverständlichen Teil in der literar- und kulturhistorischen Auseinandersetzung mit den Quellen dar.

Im Zuge meiner literatur- und kulturhistorischen Forschungen zu Ramdohr und Wegener spezialisierte ich mich bisher auf die – häufig mit dem Vorwurf des Trivialen behaftete – Popularphilosophie und Volksaufklärung. Ich habe mich dabei mit der Berliner Aufklärung und mit dem Göttinger Gelehrtenkreis, aber auch mit der Zeitschriftenkultur des 18. Jahrhunderts und mit der Protestantischen Aufklärung auseinandergesetzt. Mein ausdrückliches Forschungsanliegen auch im Hinblick auf meine Arbeit im Einstein-Projekt "Zur Genealogie des Begriffs der Unparteilichkeit" ist die präzise Erforschung der komplexen historischen Situation, in der Texte über die Unparteilichkeit entstanden und in Umlauf gebracht worden sind. Hierfür gilt es, nicht nur singuläre Repräsentationen des Unparteilichkeitsbegriffes zu rekonstruieren, sondern auf den konkreten zeitgenössischen Kontext als Verhandlungs-, Verständnis- und Erwartungshorizont Rücksicht zu nehmen. 

Einstein Stiftung Berlin