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Projekt Kogge

BMBF Forschungsverbund "Verkörperte Information"

FU Freie Universität Berlin und KHM Kunsthochschule für Medien Köln in Kooperation mit dem ESRC Universität Lancaster

Zelluläre 'Maschinen' - Neue Formen des Technischen

Dr. Werner Kogge, Institut für Philosophie, Freie Universität Berlin

 

Forschungshintergrund

Die Entwicklungen minimal invasiver, sensorischer und sich situativ anpassender Technologien lassen ältere Grundkonzepte der Technikdeutung, etwa im Sinne von Technik als Naturbeherrschung, zumindest fragwürdig erscheinen. Diese Veränderung spiegelt sich in einem Ausschnitt des Vokabulars der Technikprognostik wider: Technologien werden, so die Erwartung, nicht nur an ihre Umwelt sehr genau angepasst sein („adapted to the context“), sondern auch fähig sein, sich auf wechselnde Umwelten einzustellen („to adapt to changing situations“) und mit diesen umfassend in Interaktion zu treten. Der dazu erforderliche Eigenschaftsverbund von Flexibilität und Stabilität wird paradigmatisch vom Organismus, und zwar schon in seiner kleinsten Einheit, der Zelle, verkörpert. Und tatsächlich gehört der Einsatz zellulärer ‚Mechanismen’ zu den zentralen Verfahren der ‚Converging Technologies’.

Es ist allerdings eine offene Frage, ob die Verwendung zellulärer Transformations-, Transport- und Synthesemechanismen in der aktuellen Bionanotechnologie, Bioelektronik und Biosensorik sich, in ihrer maßgeblichen Grundtendenz, an der lebenden, umweltbezogenen Zelle orientiert, oder ob sie vielmehr darauf zielt, die lineare Kombinatorik der Moleküle, die für den ‚genetischen Code’ maßgeblich ist, technologisch zu verwerten. Nur im ersten Fall hätten wir es mit einem neuen technologischen Paradigma zu tun: ‚Information’ würde hier in ihrem integrierten, verkörperten, unmittelbar organisch effektivem ‚Aggregatszustand’ technisch erschlossen. Im zweiten Fall hätten wir es dagegen (lediglich) mit einer radikalen Ausweitung des informatischen Prinzips im Bereich des Organischen zu tun.

 

Projektziele

Das Teilprojekt wird also zum einen untersuchen, inwiefern die aktuellen technologischen Entwicklungen in ihrer maßgeblichen Tendenz noch der Logik des Informationszeitalters (in der die Molekularbiologie bekanntlich tief verwurzelt ist) zugehört, oder aber über diese hinaus, auf ein Paradigma der Inkorporation weist. Zum anderen wird es erforschen, wie es um die Weltbezogenheit in den aktuellen Technologien bestellt ist: Inwiefern und in welchem Sinne bauen die neuen Technologien durch Orientierung am Organischen auf eine neuartige Weise eine Beziehung zu ihrer Umwelt, bzw. ein Weltverhältnis auf?

Aus diesen Frage ergeben sich drei zentrale Aufgaben:

(i) Es soll eine Einschätzung des transformativen Potenzials neuer Technologien gewonnen werden, insofern in ihnen biologische Materialien und Mechanismen eine Rolle spielen.

(ii) Es soll untersucht werden, inwiefern die Biologisierung des Technischen tatsächlich damit verbunden ist, dass Information in organischem Material inkorporiert wird, so dass die Situationsbezogenheit und Umgebungsbezug der technischen Artefakte in einem solchen Grade gesteigert wird, dass sie ein eigenständiges Weltverhältnis ausbilden oder zumindest das menschliche Weltverhältnis auf eine neue Weise ausrichten.

(iii) Die Unterscheidung von Situiertheit (eingebettet, umgebungsbezogen, kontextualisiert) und Isoliertheit (abgehoben, dekontextualisiert) soll zu einer Grundunterscheidung der Technikphilosophie entwickelt werden und als solche die das Denken des Technischen bestimmenden Paradigmen der Herrschaft (Kontrolle) und der Auflösung (Virtualisierung) überwinden helfen.

 

Kontakt

Dr. Werner Kogge
Institut für Philosophie
Freie Universität Berlin
Habelschwerdter Allee 30
D-14195 Berlin

Tel: ++49 (0)30 838 54509
Fax: ++49 (0)30 838 56430
Email: wkogge[at]zedat.fu-berlin.de

Projektbüro:
Silberlaube (Habelschwerdter Allee 45)
Raum JK25/221C

Bundesministerium für Bildung und Forschung