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StadtLandLiteratur

UNI geht KIEZ: „Stadt Land Literatur“

Eine Lesung mit Marica Bodrožić, Roman Konzack und Selim Özdogan

Unter dem Slogan „Uni geht Kiez“ luden Studierende der Angewandten Literaturwissenschaft zur Autorenlesung ein. Die Chamisso-Preisträger Marica Bodrožić (Berlin) und Selim Özdogan (Köln) sowie der Berliner Nachwuchsautor Roman Konzack kamen am 18. 9. 2004 nach Berlin-Kreuzberg in die alte Fleischerei im Wrangelkiez.

Die drei jungen Autoren verbindet der Spagat zwischen den Kulturen: Sie leben in Deutschland, gleichwohl sind sie deutlich durch ihre unterschiedliche Herkunft geprägt. In ihren vielfach autobiographisch grundierten Texten wird das Leben zwischen den Kulturen zum Thema. Aber auch die Großstadt, in der sie leben, beeinflusst sie und reflektiert ihre Interkulturalität.

Eingeleitet wurde der Abend von Roman Konzack, der mit Rasanz und Wortwitz seiner Erzählung die Zuhörer durch das Moskau der Gegenwart lotste. Anschließend trug Marica Bodrožić ein bis dato unveröffentlichtes Sprechstück vor, das die Stimmen von Mensch, Natur und Materie zu einem geistreichen Disput über das In- und Miteinander von Alltäglichem und Metaphysik verflocht. Selim Özdogan überraschte mit einer, dem Abend individuell angepassten, literarischen One-Man-Show. Zusammen stellten sie eine ganze Bandbreite neuer deutscher und doch multikultureller Literatur dar.

Der Slogan des Abends lautete „UNI geht KIEZ“ und so war die Veranstaltung auch für die Kiezbewohner eine wunderbare Gelegenheit, sich mit den unterschiedlichen kulturellen Kontexten der Menschen aus der Nachbarschaft auseinander zu setzen und anzufreunden.

Die Veranstaltung fand in Zusammenarbeit mit urban dialogues statt. Sie wurde unterstützt durch das Quartiersmanagement Wrangelkiez und gefördert durch die Robert Bosch Stiftung.

 

Mehr Infos zu den Autoren

Marica Bodrožić wurde 1973 in Dalmatien geboren und ist in der Herzegowina aufgewachsen. 1983, drei Jahre nach Titos Tod, holten ihre Eltern, die damals schon in Deutschland lebten, ihre Tochter zu sich. Nach einer Buchhändlerlehre studierte sie Kulturanthropologie und Slawistik. In „Lettre International“, in der FAZ und der Zeitschrift „manuskripte“ veröffentlichte die junge Schriftstellerin erste literarische Arbeiten, darunter auch Gedichte. Heute lebt Marica Bodrožić in Berlin. Sie beschäftigt sich intensiv mit Literatur aus dem ex-jugoslawischen Raum und veröffentlichte bereits diverse Arbeiten zu diesem Thema in Zeitungen und Zeitschriften. In ihrem Erzählband „Tito ist tot“ (2002) schildert sie eine Kindheit in Jugoslawien, erzählt von der Zerrissenheit der Familien und fängt in ihren Texten das Gefühl der Unzugehörigkeit ein. Marica Bodrožić zeichnet sich durch einen klaren Blick auf die Wirklichkeit aus, deren vermeintliche Gesetzmäßigkeiten sie mit großer poetischer Kraft zu hintertreiben weiß. 2001 erhielt sie das Hermann-Lenz-Stipendium, im darauf folgenden Jahr den Heimito-von-Doderer-Förderpreis und 2003 den Chamisso-Förderpreis der Robert Bosch Stiftung.

 

Für Selim Özdogan, wie auch für Marica Bodrožić, ist weniger die Nationalität, als das Schreiben identitätsstiftend. Seine Texte sind geprägt von der Schnelllebigkeit der Großstadt, die das Gefühl von Einsamkeit und Fremdheit wiedergeben. Seine Helden leben in fremden Städten, atmen fremde Gerüche, gehen durch fremde Straßen und leben das Leben, das ihnen gefällt – im Alleinsein, im Dazwischen, auf der Suche „nach einem Ort zum Bleiben in fremden Städten“. Selim Özdogan wurde 1971 geboren und lebt als freier Autor in Köln. Seit 1995 hat er mehrere Romane und Erzählbände veröffentlicht. Zu seinen jüngeren Werken zählen unter anderem „Im Juli“ (2000), „Ein Spiel, das die Götter sich leisten“ (2002) und „Trinkgeld vom Schicksal“ (2003) Von seinen Lesungen, bei denen er sich nicht als „Vorlesemaschine“ versteht, sondern lieber frei „anekdotenhafte Geschichten, die einem passieren“ erzählt, gibt es Live-Mitschnitte auf CD: „Traumland“ (2000) und „Tüten und Blasen“ (2003). Für seine schriftstellerische Arbeit erhielt Selim Özdogan 1996 den Förderpreis des Landes Nordrhein-Westfalen für junge Künstlerinnen und Künstler in der Gruppe „Dichter, Schriftsteller“ und 1999 den Adalbert-von-Chamisso-Förderpreis der Robert Bosch Stiftung.

 

Roman Konzack wurde 1979 geboren und lebte bis zu seinem achten Lebensjahr in Berlin. 1987 zog seine Familie aufgrund der Diplomatentätigkeit seines Vaters nach Moskau, wo Konzack die Botschaftsschule der DDR besuchte. Nach der Wende kehrte die Familie nach Berlin zurück. Konzack studiert heute Neuere Deutsche Literatur, Politik und Russische Philologie an der HU Berlin. Nebenbei arbeitete Roman Konzack für verschiedene russische Medien, u. a. für den Radiosender „Stimme Russlands“. Kontakte zu „Lauter Niemand“, einem Literaturlabor in Prenzlauer Berg und der Prosa AG der „Gesellschaft für Literatur“ führten Konzack im Mai 2004 zur Lesershow in die Berliner Volksbühne.