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Neugier und Tabu. Regeln und Mythen des Wissens.

Tagung am Institut für Deutsche und Niederländische Philologie vom 13. bis 15. September 2007

News vom 30.08.2007

Zeit: 13. bis 15. September 2007
Ort: Institut für Theaterwissenschaft – Hörsaal
Grunewaldstr 35, 12165 Berlin

 

veranstaltet von Martin Baisch und Elke Koch,

im Rahmen des Sonderforschungsbereichs 447 Kulturen des Performativen

 


 

Mit dem Wissen ist es, wie wir spätestens seit dem Sündenfall wissen, eine Crux: Was man wissen will, ist nicht immer das, was man wissen darf oder muss. Was man wissen darf oder muss, ist nicht immer das, was man wissen will. Doch unterliegt das Wissen nicht bloß Gebot und Verbot, nicht allein den Prinzipien der Rationalität oder Kausalität. Vielmehr ist es auch Ziel eines spannungsreichen Begehrens. Man ist neugierig nach ihm, wie man es mit einem Tabu belegt. Derart sind Neugier und Tabuisierung zwei Modi der Regulierung (und Produktion) von Wissen.

Von zentraler Bedeutung in der Geschichte des Wissens ist die Vorstellung, dass die Neugier als Antrieb des Menschen gilt, aus den Fesseln theologisch-dogmatischer Beschränkung auszubrechen. Neugier wird zwar als Phänomen menschlicher Grundverfassung angesehen, im Selbstverständnis der Moderne jedoch nicht selten als Katalysator des Fortschritts aufgefasst, mit wissenschaftlicher Forschung assoziiert und mit Begriffen wie ‚Emanzipation’ oder ‚Aufklärung’ in Verbindung gebracht. Wie die jüngere kulturwissenschaftliche Forschung allerdings zeigt, ist der hier angedeutete Wandel keineswegs als eine lineare Entwicklung zu verstehen. Auszugehen ist vielmehr von facettenreichen Prozessen der Umbesetzung und Verschiebung, die sich in den Bereichen von Kunst und Literatur beobachten lassen.

Wird der Begriff der Neugier mit dem Konzept des Tabus in Zusammenhang gesehen, erweist sich Neugier weniger als Motor der Überwindung von Mythos und Dogma, sondern vielmehr als Figur von Mythen, Narrationen und Szenarien des Wissens. Neugier lässt sich als gestaltetes und gestaltgebendes Element der Konstitution und Deutung von Wissen auch dort erfassen, wo sie nicht explizit konzeptualisiert wird. Dabei kann davon ausgegangen werden, dass (fiktionale) Texte als komplexe Erfahrungsfelder historisch distinkte Wissensformen darstellen. Neugier und Tabu sind dabei nicht nur als Motive, sondern auch als Beweggründe und als Effekte derart verstandener literarischer Wissensproduktion zu betrachten. Ihnen kommen auf einer Metaebene zudem die Funktionen zu, das entstehende Wissen zu legitimieren und zu auratisieren sowie die Selbstreflexivität von Wissen anzuzeigen.

 

Programm

Donnerstag, 13.09.2007

15.00   Martin Baisch/Elke Koch

Begrüßung und Einführung

Moderation: Elke Koch

15.30   Ingrid Kasten: Tabu und Lust

16.15   Eva Horn

Das Geheimnis des Lebens. Fiktionen vom Forscher im 19. Jahrhundert

17.00  Pause

17.30  Renate Schlesier

Die Neugier des Pentheus

 

Freitag, 14.09.2007

Moderation: Martin Baisch

9.30   Tobias Bulang

Das Bestreiten der Neugier in der Sangspruchdichtung

10.15   Hartmut Bleumer

Entzauberung des Wissens. Ästhetik und Kritik bei Konrad von Würzburg

11.00   Pause

11.30   Marina Münkler

Curiositas als Problem der Grenzziehung von Immanenz und Transzendenz in der Historia von D. Johann Fausten

12.15   Mittagspause

Moderation: Beate Fricke

13.45   Heike Schlie

Verlangen und Unberührbarkeit

14.30   Andreas Matena

tange et vide – ­Neugierde im Dienst der Heilsökonomie in der Thomasperikope und ihrer Exegese

15.15   Pause

Moderation: Ulrike Zellmann

15.45   Matthias Meyer

Auf dem Weg zur tabulosen Neugier: Geschichte, Wissenschaft, Neugier auf der Insel Felsenburg

16.30   Jutta Müller-Tamm

‚Die andere Seite des Vorhangs.‘ Analyse und Erkenntnis in einer Traumerzählung Lichtenbergs

 

Samstag, 15.09.2007

Moderation: Franziska Ziep

10.00   Sonja Glauch

Apologie der Neugier – Wissensdurst und Grenzüberschreitung in der ‚Hochzeit Merkurs und der Philologie‘ und ihrer frühmittelalterlichen Rezeption

10.45   Andrea Sieber

Fürwitz und Lesesucht als Modi weiblicher Transgression

11.30   Mittagspause

Moderation: Ursula Kocher

12.30   Matías Martínez

Zuende lesen. Konsekutivität, Ganzheit und Neugier in narrativen Texten

13.15   Roger Lüdeke

Neu. Gier. Tabu. Zum sogenannten ‚Poproman‘: Bret Easton Ellis und Nick Hornby

14.00   Schlussdiskussion

 

Die Veranstaltung ist öffentlich, der Eintritt ist frei.

 

Kontakt: baisch@germanistik.fu-berlin.de, ekoch@germanistik.fu-berlin.de

 

 

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